Durchaus mit Wohlwollen ist im vergangenen Dezember im Bundesheer registriert worden, dass wieder ein FPÖ-Mann in dieses Ministerium einzieht. Umso mehr als der Steirer Mario Kunasek jemand ist, der über die Verhältnisse im Heer bescheid weiß. Als früherer Wehrsprecher seiner Partei und Stabsunteroffizier. Allerdings, die Erwartungen von manchen, dass jetzt Milch und Honig fließen, was das Heeresbudget angeht, diese Erwartungen wurden nicht erfüllt. Und dass demnächst große Beschaffungen, vor allem bei den Luftstreitkräften anstehen, die hunderte Millionen Euro kosten werden, das macht die Sache auch nicht leichter. Mario Kunasek ist bei Klaus Webhofer im Journal zu Gast und hat auch über seine Zukunftspläne und über die Hochzeit von Karin Kneissl gesprochen.
Klaus Webhofer: "Herr Kunasek, das Heer hat viele Baustellen, die Luftstreitkräfte gehören sicherlich zu den größten Baustellen, sowohl bei den Hubschrauberstaffeln als auch bei den Kampfjets muss sehr bald neues Gerät her. Jetzt wurde in Ihrem Haus ein unter Verschluss gehaltener Bericht verfasst, in dem es im Prinzip darum geht, ob der Eurofighter durch ein anderes Überschallflugzeug ersetzt wird oder ob er aufgerüstet weiterfliegen wird. Nachdem es hier um sehr viel Steuergeld geht - warum diese Geheimhaltung?"
Mario Kunasek: "Na grundsätzlich muss ich einmal festhalten, dass mir es wichtig gewesen ist, von Beginn an, hier eine Debatte zu führen ohne große Emotion, sondern auf Zahlen, Daten und Fakten beruhend und deshalb auch meine Entscheidung, diese Kommission einzusetzen. Und diese Kommission hat ein Ergebnis geliefert, nämlich Ende Juni, das mehrere Varianten aufzeigt, die jetzt auch die Diskussionsgrundlage in der Bundesregierung sind."
WEBHOFER: "Das ist letztlich eine sehr heikle politische Entscheidung, weil es da ja um hunderte Millionen Euro Steuergeld geht, über die nächsten Jahre. Und die wollen Sie nicht alleine treffen."
KUNASEK: "Das ist richtig. Es geht hier um sehr viel Geld. Und möchte daran erinnern, dass hier auch mein Vorgänger bereits einmal berechnen hat lassen, dann allerdings im Herbst 2017 sich neue Informationen ergeben haben; genau weil es hier um sehr viel Steuergeld geht, aber auch um die Sicherheit Österreichs, ist es, glaub' ich, notwendig und wichtig, hier weiterhin ruhig diese Entscheidung, natürlich gemeinsam mit dem Koalitionspartner, gemeinsam mit dem Finanzminister dann auch zu treffen."
WEBHOFER: "Stimmt es, wie kürzlich in der ,Kronen Zeitung' zu lesen war, dass die ÖVP - also Ihr Koalitionspartner - vor einer Entscheidung pro oder contra Eurofighter warten will, bis der Eurofighter-Untersuchungsausschuss beendet ist?"
KUNASEK: "Also diese Informationen liegen mir nicht vor! Sondern der Bericht der Kommission und damit auch die Zahlen, die man braucht um eine Entscheidung zu treffen - liegen jetzt in der Regierungskoordination. Das ist Gernot Blümel und Norbert Hofer. Und selbstverständlich wird dann gemeinsam mit dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler diese auch letztlich dann wichtige Entscheidung geführt."
WEBHOFER: "Bis wann muss nun letztmöglich eine Entscheidung getroffen werden?"
KUNASEK: "Wir haben festgelegt, bis Ende des Jahres diese Entscheidung spätestens auch zu haben, weil natürlich klar ist, dass solche großen Vorhaben auch Vorlaufzeiten brauchen, Planungsphasen brauchen, die nicht von heut auf morgen gehen."
WEBHOFER: "Es müsste ja auch ein neues Trainingsflugzeug als Ersatz ... ein Ersatz für die 50 Jahre alte Saab 105 angeschafft werden. Oder kann man darauf verzichten?"
KUNASEK: "Na es gibt hier mehrere Variantenspiele: Es gibt ein Einflottensystem, es gibt ein Zweiflottensystem. Es gibt hier mehrere Möglichkeiten, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte [WEBHOFER: "Aber aus Ihrer Sicht bräuchte es beides ...]
WEBHOFER: "... Überschallflugzeuge und Trainingsjets - oder könnte man ... [KUNASEK: "Es war ..."]
KUNASEK: "... ganz klar der Auftrag, die Luftraumüberwachung weiterhin auch mit Überschallflugzeugen durchzuführen. Die technischen Details, wie es mit Schulungen aussieht, wie es mit Ergänzungsflotten aussieht, etc. sind eben auch Teil des Berichts, die es jetzt auszudiskutieren gilt."
WEBHOFER: "Das heißt, es gibt für Sie schon auch eine Variante, dass man nur mit Überschallflugzeugen auskommen könnte."
KUNASEK: "Es müssen alle Varianten durchgedacht und durchgespielt werden. Und auch die finanzielle Bedeckung natürlich ein ganz, ganz wesentliches und wichtiges Thema ist."
WEBHOFER: "Jetzt werden ja auch neue Hubschrauber - ich hab's zu Beginn schon angesprochen, neue Hubschrauber gebraucht. Leichte Mehrzweckhubschrauber als Ersatz für die Alouette und den Kiowa. Die sind natürlich billiger als Überschalljets, das ist klar, aber kosten auch dreistellige Millionenbeträge. Wann gibt es hier die Ausschreibung?"
KUNASEK: "Ja, wir brauchen auch hier zeitnah die Entscheidung, weil auch dort natürlich Ausschreibungen stattfinden müssen, dann die Zulieferung stattfindet, die Einschulung stattfindet und dann die Alouette III entsprechend auch abgelöst werden kann."
WEBHOFER: "Was heißt ,zeitnah'?"
KUNASEK: "Zeitnah heißt, das was es ist: Nämlich nicht übermorgen, sondern besser heute wie gestern!"
WEBHOFER: "Ja, aber haben Sie schon die Zusage des Finanzministers, dass diese Ausschreibung bedeckt ist?"
KUNASEK: "Wir sind hier am intensiven Verhandeln. Der Zeitplan grundsätzlich intern steht. Es gibt jetzt die finalen Runden noch, aber ich gehe davon aus, dass wir auf einem sehr sehr guten Weg sind, weil hier breiter Konsens auch innerhalb der Regierungskoalition auch herrscht, dass wir diesen Hubschraubernachfolger brauchen."
WEBHOFER: "Gibt es da möglicherweise beim nächsten Ministerrat kommende Woche eine diesbezügliche Entscheidung?"
KUNASEK: "Das möcht' ich jetzt nicht vorwegnehmen, aber - wie gesagt: Besser heute wie morgen. Das heißt, ich möchte hier rasch auch die Entscheidung auch haben und dann auch rasch ausschreiben zu können. Das Pflichtenheft für die Fähigkeiten des Hubschraubers sind an und für sich ja fertig. Das heißt wir brauchen die finanzielle Bedeckung und könnten dann in Umsetzung gehen."
WEBHOFER: "Von welchen Beträgen sprechen wir da eigentlich? 100, 200, 300 Millionen Euro?"
KUNASEK: "Na, es sind auf alle Fälle dreistellige Millionenbeträge. Das heißt, es sind große Investitionen und möchte ich noch einmal darauf hinweisen, weil auch das in der öffentlichen Diskussion oftmals vergessen wird: Dass diese Investitionen ja keine sind, die auf ein, zwei Jahre sind, sondern die sind natürlich für die nächsten Jahrzehnte auch ganz wesentlich und wichtig auch für die Sicherheit in der Luft, auch für die Hilfe von Menschen, die es brauchen. Und deshalb sag' ich hier: Das ist gut investiertes Geld und das sind wir auch der Sicherheit Österreichs schuldig."
WEBHOFER: "Noch jeder Verteidigungsminister der letzten 20, 30 Jahre hat sich natürlich zum Bundesheer bekannt. Aber bei den Budgetverhandlungen sind sie dann alle regelmäßig gescheitert. Da geht's Ihnen auch nicht anders. Von der FPÖ haben sich viele im Heer doch mehr erwartet!"
KUNASEK: "Also da darf ich vielleicht kurz widersprechen auch. Faktum ist, dass wir in den nächsten beiden Jahren, also 2018 und '19, rund 190 Millionen Euro mehr im Regelbudget haben, als mein Vorgänger gehabt hat. Hier wird oftmals auch [WEBHOFER: "Gut, da vergleichen Sie aber Budgetvorschauen! Da gibt es durchaus unterschiedliche Rechenweisen."] Na es sind 2,258 Milliarden Euro für das heurige Jahr. Das ist ein klares und deutliches Plus! Was bedeutet das? Wir können den Investitionsstau langsam, Schritt für Schritt, abarbeiten, aber wir können eines nicht: Wir können nicht die Versäumnisse der letzten Jahre - ich sage vielleicht sogar Jahrzehnte - innerhalb von sieben, acht Monaten bereinigen. Das wird nicht gelingen. Wichtig ist mir aber auch zu betonen - und da natürlich muss noch verhandelt werden: Ab 2020/21 ist der Budgetpfad ein für mich nicht befriedigender. Und hier braucht es sicherlich Nachbesserungen."
WEBHOFER: "Gut, das kleine Plus, das Sie ansprechen, das wird durch Preissteigerungen im Betrieb, durch Gehaltsabschlüsse etc., mehr als aufgefressen."
KUNASEK: "Als so ,kleines Plus' würd' ich es nicht bezeichnen, sondern wir haben auch jetzt die Möglichkeit zu investieren. Als Beispiel: Wir investieren 180 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren in die Infrastruktur! Aber - und so offen muss man das auch ansprechen - wir haben mit dem Auslaufen diverser Sonderpakete 2019 und '20 dann eine Situation, wo man sicherlich die Lage neu beurteilen muss."
WEBHOFER: "Jetzt hört man aber aus dem Heer selbst schon anderes: Zum Beispiel, dass der Investitionsrückstau so groß ist, dass er schon ein echtes Sicherheitsrisiko darstellt. Also teilen Sie diesen Befund nicht?"
KUNASEK: "Nein, den teile ich nicht. Und ich sage hier ... hier muss man sich auch ganz klar verwehren! Man tut hier dem Bundesheer nichts gutes. Und deshalb ist es mir wichtig, zu betonen: Die Einsatzfähigkeit ist nicht gefährdet. Wir können noch unsere Leistungen erbringen. Aber - und das muss man offen ansprechen: Auf die Zukunft gesehen sicherlich auch Richtung drei Milliarden Euro das Heeresbudget aufstocken, um eben den von Ihnen angesprochenen Stau abzuarbeiten."
WEBHOFER: "Gut, das ist mal Wunschkonzert, die drei Milliarden Euro ... Sie haben kürzlich gesagt, das Bundesheer habe einen sehr hohen Stellenwert in Österreich. Ich frage mich manchmal, wie man zu dieser Einschätzung kommt? Die österreichische Armee ist, finanziell jetzt gesehen, eine der ausgehungertsten der Welt, mit nicht einmal 0,6 % des BIP am Budget - das wissen Sie. Der Stellenwert ist also, zumindest in der Politik, äußerst gering!"
KUNASEK: "Also auch hier muss man, glaub' ich, etwas zurechtrücken. Der Stellenwert A, nämlich in der Bevölkerung, ist sehr, sehr groß. Und ich bin sehr viel unterwegs und überall dort, wo das Bundesheer auch zum Einsatz kommt, auch jetzt aktuell im Bereich der Grenze, ist der Zuspruch riesig. Und dass das Bundesheer auch innerhalb der Politik keinen hohen Stellenwert hat, auch das muss man klar zurechtrücken. Warum? Weil ganz klar im Regierungsprogramm auch ein starkes Bundesheer festgehalten ist und da muss ich mich auch verwehren dagegen, dass man hier das Bundesheer schlecht redet, sondern man muss die Fakten nennen, hier auch ohne Scheuklappen natürlich, aber ganz klar auch sagen: Das Bundesheer leistet großartige Arbeit."
WEBHOFER: "Gut, ich hab' ja auch nur die Fakten genannt, indem ich gesagt habe, 0,6 % des BIP, das ist unterem Ende, international verglichen.
Jetzt hat der Bundespräsident auch vor kurzem einmal gesagt: ,Unsere Kapazitäten ...' - gemeint also das Bundesheer - ,... sind völlig erschöpft.'
Wenn das einmal der Bundespräsident sagt, der ja nicht gerade den Ruf hat, ein Militarist zu sein, dann muss es ja Fünf vor Zwölf sein."
KUNASEK: "Na, der Bundespräsident hat hier etwas angesprochen und eine Einschätzung auch getroffen, die ich teile. Wir wissen, dass wir auf sehr vielen Einsätzen auch großartige und gute Arbeit leisten. Wir haben aktuell in etwa diese 1000 Männer und Frauen im Auslandseinsatz, wir haben rund 800 im Inland im Einsatz an der Grenze und bei der Botschaftsbewachung. Und selbstverständlich ist es so, dass es hier Kapazitätsgrenzen gibt. Das ist vom Bundespräsidenten richtig eingeschätzt und hier teile ich auch seine Meinung."
WEBHOFER: "Stichwort ,Grundwehrdienst'. Sie haben sich kürzlich für eine Verlängerung von sechs auf acht Monate, also sechs Monate plus zwei Monate Übungen, ausgesprochen. Da gab es viel Applaus aus Ihrem Haus. Aber ohne mehr Geld wird's das nicht spielen, oder?"
KUNASEK: "Ja, wichtig war es mir auch, als zuständiger Minister hier auch darauf hinzuweisen, dass das Bundesheer nach dem Milizsystem auszurichten ist. Das ist so. Das wurde leider in den letzten Jahren und Jahrzehnten teilweise vergessen. Und deshalb ist es auch notwendig, hier Maßnahmen anzusprechen, die die Miliz stärken. Und das wäre eben die Wehrdienstverlängerung. Nämlich im Sinne von Milizübungen auch sicherzustellen. Und das darf man auch nicht vergessen, dass wir Soldaten ausbilden und dann nicht mehr beüben! Das heißt, hier bleibt sehr viel auch menschliches Kapital dann quasi liegen. Hier geht es mir darum, diese Diskussion einmal anzuregen, darf aber anmerken: Es steht nicht im Regierungsprogramm, sondern dient auch als Diskussionsgrundlage. Und es freut mich sehr, dass auch sehr viele Österreicher es so sehen."
WEBHOFER: "Jetzt einmal abgesehen davon, dass Ihr Koalitionspartner, die ÖVP, tatsächlich schon ,Nein' zu dieser Idee gesagt hat. Noch einmal zurück kurz zum Geld: Längerer Dienst würde mehr Geld bedeuten, aber Sie fordern ja auch mehr Sold für die Rekruten, also in der Höhe der Mindestsicherung. Wie soll sich das bei diesen Budgetzahlen ausgehen?"
KUNASEK: "Na, wir haben ja auch im Regierungsprogramm grundsätzlich festgehalten, dass wir uns darauf geeinigt haben, auch die Grundvergütung bei den Grundwehrdienern anzuheben. Einhergehend mit einer Verwaltungsreform, auch mit Strukturvereinfachungen, wo natürlich auch da die Möglichkeit schaffen muss, Mittel frei zu machen. Und das heißt, das ist kein Prozess, der von heute auf morgen gehen wird."
WEBHOFER: "Was ist denn derzeit die größte Bedrohung für Österreich? Aus Ihrer Sicht."
KUNASEK: "Ich glaube das kann man so nicht festmachen. Es gibt, das wissen wir, hybride Bedrohungen; die Lage hat sich natürlich in den letzten Jahren und Jahrzehnten durchaus auch sage ich verändert. Der Terrorismus ist ein Thema, hier gilt es alle Kräfte auch entsprechend zu bündeln. Und wir haben auch 2015 gesehen, an den Grenzen Österreichs, wie schnell es gehen kann und ja, auch die Souveränität teilweise verloren gegangen ist. Und ich war damals auch selbst an der Grenze und hab' gesehen wie auch hier teilweise die Politik auch fehlgehandelt oder nicht gehandelt hat. Wo die eingesetzten Polizisten und dann auch Soldaten ihr Bestes gegeben haben, aber hier eine Führungslosigkeit vorhanden gewesen ist. Das heißt, die Lage ist eine, die man nicht unterschätzen darf. Wir sind nicht die Insel der Seligen, wie man leider in Europa immer wieder sieht. Und deshalb ist es auch unsere Aufgabe, hier entsprechend, gemeinsam auch mit dem Innenminister, gemeinsam mit der Bundesregierung, für ein starkes Bundesheer zu sorgen."