Kampfpanzer Leopard 2A4

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da_mm
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von da_mm »

iceman hat geschrieben: Di 5. Jan 2021, 19:10 Man tausch nur die wichtigsten technischen Teile, keine KWS. Würde dann die Ö-Version eigentlich nur mehr zur Ausbildung reichen (siehe Ungarn), wenn zB keine Turmpanzerung kommt?
Das ist etwas überdramatisiert; je nachdem welche Komponenten ausgetauscht werden, bleibt der Panzer durchaus noch nutzbar; jedoch ist man in Duellsituationen im Nachteil. Panzerung ist nicht alles, wie man an Beispielen wie dem AMX-30, dem Leopard 1 oder auch der Kürassier zeigen; jedoch sind die meisten Vorteile, die den Verzicht auf starke Panzerung ermöglichten, heutzutage nicht mehr gegeben (z.B. Reichweitenvorteil dank besserer Optik und FLA).

Noch wichtiger als Anschaffung einer Zusatzpanzerung sollte der Austausch von Optiken und Optroniken, sowie eine Verbesserung der Waffenanlage sein. Das Wärmebildgerät WBG-X mit 120-Zeilen-Detektor ist schon seit 25 Jahren nicht mehr Stand der Dinge; die schlechte Ersatzteilversorgung sorgt schon in Deutschland für die Umrüstung von Wiesel (neues WBG von Telefunken RACOMs aka Elbit Systems Deutschland), Marder (SAPHIR 2.6 MK) und Leopard 2 (ATTICA).
mechtruppe hat geschrieben: Di 5. Jan 2021, 19:34 STANAG 4569 ab Level 5-6 nur mit Zusatzpanzerung! Und beim Leo reden wir von der Grundpanzerung!
Das heißt, würde ich hier wiederum eine Zusatzpanzerung anbringen, modernster Art, ist der Schutzlevel
bezüglich Großkaliber-Munition wiederum ganz anders!
Bezüglich KE-Munition (Maschinenkanone) gibt es z.B. bereits Varianten mit mehr als 60mm Durchschlag.
Das ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Moderne Türmen (wie auch Kampffahrzeuge) sind für die Aufnahme adaptierter Zusatzpanzerung ausgelegt, sie wird bei entsprechender Bestellung ab Werk angebracht (siehe z.B. Dingo, Husar, Pandur EVO, Ulan oder im Falle der Bundeswehr Boxer und Puma). Weder Italien (HITFACT 2 Mk. 2) noch Indonesien (Cockerill 3105) haben Türme ohne Zusatzpanzerung gekauft. Durch das Angebot, die Panzerung wegzulassen oder Panzerung der gewünschten Schutzstufe zu verbauen, möchten die Hersteller ihre Türme/Fahrzeuge für potenzielle Kunden attraktiver machen.

Der Leopard 2 wurde allerdings nicht auf die Anbringung adaptierter Zusatzpanzerung ausgelegt und muss entsprechend angepasst werden. Hierbei müssen sämtliche Komponenten aus Türme und Wannen entfernt werden, damit gefahrlos strukturverändernde Schweißarbeiten geschehen können. Wenn ein entsprechend hohes Schutzniveau gefordert wird (durch welches das Gefechtsgewicht auf über 60 Tonnen steigen würde), müssen zudem die Drehstäbe ausgetauscht werden und Schweißarbeiten an den Wannenseiten vorgenommen werden - gerade deswegen wurden bei diversen Kampfwertsteigerungen (z.B. Leopard 2SG, Leopard 2PL, Leopard 2A5 und Leopard 2A6) die 60-Tonnen festgeschrieben.

Vom Aufwand und Preis macht es zudem einen deutlichen Unterschied, ob man 1 Tonne leichter Zusatzpanzerung oder 6 Tonnen schwere Zusatzpanzerung nachrüsten möchte...

Sowohl STANAG 4569 Level 5 als auch Level 6 erreicht man nicht mit nur 60 mm PzStahl!
Krachundwech hat geschrieben: Di 5. Jan 2021, 22:25 Die neue L/55A1, welche im A7 verbaut ist, hat eine verbesserte Durchschlagskraft und soll auch die neueste ERA Panzer durchdringen. Aber sicher wissen werden wir es nie. Erst im MGCS soll die fertige 130mm verbaut werden, obwohl sie in den Leo passt.
Ich bezog mich da eher auf die Entscheidung schon 2001 die L/55-Glattrohrkanone anzuschaffen. Ursprüngliche Forderung für das Programm "Leistungsgesteigerte KE" (LKE) war der Durchschlag der frontalen Turmpanzerung vom T-80U/UD.
Phoenix
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von Phoenix »

Aber es gibt doch Zusatzpanzerung für den Leopard die direkt draufgebaut wird ohne tieferen Eingriff - wurde soweit ich weiß für Singapur gemacht
theoderich
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von theoderich »

Das gibt es auch von RUAG - Leopard 2 mit SidePRO-ATR:

Bild
https://www.ruag.ch/unsere-kompetenzen/ ... -fahrzeuge
The protection modules can be mounted as an add-on solution or fully intergrated into the vehicle structure.
https://ruag-ch.picturepark.com/v/A1GaKhMQ/
da_mm
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von da_mm »

Auch dafür muss der Turm erst down-gestrippt und Halterungen angeschweißt werden. Sieht man in Polen (wie Singapur verwendet man ebenfalls mit AMAP-Panzerung von IBD Deisenroth/Rheinmetall Protection Systems):
Bild

Die Panzerung soll angeblich einer der Gründe sein, warum das Leopard-2PL-Programm sich um Jahre verzögert hat.
theoderich
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von theoderich »

Hier mit montierter Zusatzpanzerung:

Bild
https://www.steelbeasts.com/topic/10283 ... on/page/6/

Sehr aufschlussreich.
muck
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von muck »

Milizler hat geschrieben: Mi 6. Jan 2021, 12:03
Oberleutnant hat geschrieben: Mi 6. Jan 2021, 09:49 ...nicht die Phantasien die hier in fast allen Foren endlos und in der Zwischenzeit massiv ermüdend ausgelebt werden. 😎
Du sprichst mir aus der Seele.
Ich sehe das Problem nicht. Foren sind dazu da, dass man diskutiert. Und wenn die Politik die Angewohnheit hat, das Erforderliche nicht zu tun, darf man schon eine Betrachtung der Alternativen wagen.
iceman hat geschrieben: Mi 6. Jan 2021, 08:59
theoderich hat geschrieben: Mi 6. Jan 2021, 05:41 Ich würde behaupten: Ja, das wären reine Ausbildungsfahrzeuge. Denn selbst gegen irreguläre Kräfte, die mit leichten Panzerabwehrwaffen (RPG-7, Kornet) ausgerüstet sind (siehe Bericht "Unser Heer 2030"), wären sie zu schwach geschützt.
Da ist man wieder bei dem Punkt, wo ich mich frage, was es für einen Sinn macht, einen modernisierten Panzer zu betreiben, bei dem zwar alles "rund läuft", aber am Ende wieder nicht duellfähig ist.
Dass ein alternder Kampfpanzer, der funktionstüchtig gehalten wird, einen höheren Einsatzwert aufweist als ein solcher, der ohne Ersatzteile eingemottet werden muss, ist eine Binsenweisheit.

Außerdem ist die Panzerung nur eine Komponente von vielen, die die Duellfähigkeit sicherstellen. Keine ernstzunehmende Panzerwaffe verlässt sich nur auf die dicke Haut ihrer Böcke.

Was etwa die irregulären Kräfte mit Panzerabwehrlenkwaffen anlangt, da hat ES&T letztes Jahr einen Fachbeitrag veröffentlicht, in dem man sich mit der Thematik auseinandersetzt und zu dem Schluss gelangt, dass die Bedrohung überbewertet wird.

Die meisten Verluste der Syrer, Iraker oder auch der Türken an gepanzerten Fahrzeugen auf dem nahöstlichen Kriegsschauplatz sind demzufolge auf einen unsachgemäßen Einsatz der eigenen Kräfte zurückzuführen.

Ähnliches ließ sich zuletzt im Armenisch-Aserbaidschanischen Krieg beobachten. Da werden etwa Kampfpanzer als Feldgeschütze eingesetzt und stundenlang nicht bewegt, oder man dringt ohne Deckung durch Infanterie in urbanes Gelände vor und lässt sich aus überhöhten Stellungen zerpflücken.

So gesehen verwundert es auch nicht, dass die Kurden ihre hoffnungslos veralteten T-55 mitunter erfolgreicher einsetzen konnten als die Syrer ihre modernen T-90.

In den Händen einer gut ausgebildeten Panzertruppe ist auch der Leopard 2A4 keineswegs hoffnungslos aufgeschmissen. Aber dazu muss das Fahrzeug erst einmal überhaupt zur Verfügung stehen. Insofern scheint es nicht verkehrt, einer Obsoleszenzbeseitigung Vorrang einzuräumen.
iceman
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von iceman »

Vermutlich weden dann alle verschiedenen KWS-Programme anderer Länder wieder für Österreich zu teuer sein...
da_mm
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von da_mm »

So einfach kann man sich das leider nicht machen. Technik und Taktik beeinflussen sich gegenseitig - ist die Technik unzureichend, können nicht alle Taktiken erfolgreich eingesetzt werden. Hat man überlegene Technik, können auch taktische Nachteile kompensiert werden.

Das sieht man auch in den von muck genannten Beispielen:
Die türkischen Leopard-2-Panzer bei Idlib wurden folgerichtig eingesetzt (Beschuss von verschanzten Feinden aus der Distanz in teilgedeckter Stellung), da man mangels fernbedienbarer Waffenstation, Situational-Awareness-System und Zusatzpanzerung den Panzer nicht im urbanen Gefechtsfeld einsetzen konnte.

Natürlich ist es falsch die Panzer nicht durch andere Kräfte abzusichern und den einen Panzervernichtungstrupp nicht zu entdecken; aber in die Situation kam man erst aufgrund der unzulänglichen Technik. Mit besserer Technik - z.B. abstandsaktiven Schutzsystemen, besserer Panzerung oder einem Situational-Awareness-System wie Rheinmetalls SAS, dass Bewegungen von Menschen in der Nähe registriert und an den Kommandanten meldet) hätte man trotz Fehler in der Einsatzdurchführung Verluste verhindern können.
Taer
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von Taer »

Die Videos die ich aus Syrien sah waren Abschüsse aus 2-3 km Entfernung. Dazu IEDs. Da hätte nur Panzerung und vllt. ADS geholfen. Denke mit SAS wird man auf der Entfernung nicht viel erreichen oder?
theoderich
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Re: Kampfpanzer Leopard 2A4

Beitrag von theoderich »

Ministerin Tanner zur Heeresstruktur: „Wir stehen uns oft selbst im Weg“

https://www.tt.com/artikel/17712086/min ... bst-im-weg

Bild
https://www.facebook.com/wehrhaftesoest ... 6Iel5cPTPw

Taer hat geschrieben: Do 7. Jan 2021, 20:03Denke mit SAS wird man auf der Entfernung nicht viel erreichen oder?
Bei nur zehn Sekunden Flugzeit auf 3 km Entfernung bringt ein elektrooptisches SAS gar nichts. Solche Systeme sind naturgemäß nur zur Beobachtung der näheren Umgebung geeignet. Das beim israelischen Hardkill-Schutzsystem Elbit Iron Fist genutzte RADA Electronic Industries eCHR hat laut Firmenangaben eine Reichweite von bis zu 22 km und kann anfliegende Raketen bzw. Lenkwaffen auf eine Entfernung von bis zu 4 km erfassen. Das Rafael TROPHY verwendet Radars vom Typ IAI ELM-2133 WindGuard.

AMAP-ADS arbeitet mit elektrooptischen Sensoren und Radar:
Rheinmetall Defence offers the Advanced Modular Armour Protection – Active Defence System (AMAP-ADS). This flexible system can be customised to meet client needs. It provides a dual layer of sensors. According to the manufacturer, the first ring of sensors consists of a multi-frequency radar with planar antenna. This early warning system detects and classifies threats, and enables initial trajectory calculation. It demands only a low level of radiated power, thereby avoiding interference with other radars. The second or inner sensor ring consists of a high-resolution electro-optical system which confirms the radar findings and calculates a more precise estimate of the incoming projectile’s point and time of impact, enabling a fire solution. According to Rheinmetall, initial radar detection takes place 50-200 milliseconds (10-35 metres) before impact, while the optical system acquires incoming ordnance 10 milliseconds or two metres before impact. Hard kill countermeasures deploy only four milliseconds before the hostile warhead’s impact, destroying it at a distance of one metre from the protected vehicle.

This is significantly closer than most APS systems, which tend (on average) to engage at a range of circa ten metres. The difference is that Rheinmetall’s ADS relies fully on directed energy to destroy or divert the incoming warhead; it does not fire any projectile or shrapnel of its own. This eliminates the threat of collateral (except, of course, from the remnants of the incoming weapon). Sensors and countermeasure pods are distributed all around the protected vehicle.
https://euro-sd.com/2019/05/articles/13 ... n-systems/

Saab hatte bis vor ein paar Jahren ein Hardkill-Schutzsystem namens LEDS 150 im Angebot (mit der Denel Dynamics Mongoose als Munition). Das hat sich aber anscheinend nicht verkauft.

LEDS
Full Spectrum Active Protection for Land Vehicles


http://web.archive.org/web/201509120108 ... -sheet.pdf

Bild
https://www.secretprojects.co.uk/thread ... 179/page-6

Bild
https://www.militarypedia.it/hardkill-a ... on-system/

Vor 17 Jahren ist LEDS 150 auf einem von KADDB modifizierten jordanischen M60 aufgetaucht, kombiniert mit einer Reaktivpanzerung SidePro-CE von RUAG:

Phoenix M60 Upgrade to 120 mm

http://web.archive.org/web/200502090019 ... ?ItemID=68

Bild
https://forum.warthunder.com/index.php? ... ternative/

Gleiches gilt für Diehl. Für deren System AVePS sind keine Kunden bekannt, geschweige denn, ob es marktreif ist:

Bild
Im Rahmen von F&T-Aktivitäten konzentriert sich Diehl Defence seit Jahren auf die Entwicklung so genannter abstandsaktiver Fahrzeugschutzsysteme. Das werferbasierte AVePS (Active Vehicle Protection) System) kann das gesamte Bedrohungsspektrum von Panzerabwehr-Handwaffen bis zu modernen Flugkörpern bekämpfen. Selbst gegen Gefechtsköpfe mit Tandemhohlladung und gegen großkalibrige KE-Penetratoren ist das System wirksam.

In der Vergangenheit konnten mehrere Prototypen auf Fahrzeugen der Typen Leopard 2, M113 und FUCHS ihre Leistungsfähigkeit gegen verschiedene Arten panzerbrechender Waffen erfolgreich demonstrieren.
https://www.diehl.com/defence/de/produk ... nd-schutz/
AVePS (Active Vehicle Protection System) von Diehl ist ein werferbasiertes Schutzsystem, das Effektoren gegen anfliegende Bedrohungen verschießt. Kombinierte Radar- und IR-Sensoren dienen der Detektion und Verfolgung der Bedrohung ab einer Entfernung von mehreren hundert Metern wie auch im Nahbereich.
https://esut.de/2019/08/fachbeitraege/r ... hnologien/
Zuletzt geändert von theoderich am Sa 23. Jan 2021, 17:58, insgesamt 14-mal geändert.
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