Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Flächenflugzeuge, Hubschrauber, Großgerät, Fliegerhorste, ...
theoderich
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von theoderich »

Sogar die Schweiz ist wesentlich besser für internationale Einsätze unter Beteiligung eigener Luftstreitkräfte gerüstet, als das beim Bundesheer der Fall ist:

Bild
https://www.facebook.com/armee.ch/photo ... =3&theater

Und in den heuer veröffentlichten Anforderungen an die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeugs (NKF) und eines neuen Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite (Bodluv GR) stehen Fähigkeiten, wie z.B:
  1. Operationelle Anforderungenan das neue Kampfflugzeug (NKF):

    Die Gesamtflotte ist befähigt,
    1. alltäglichen Luftpolizeidienst rund um die Uhr zu leisten und Einschränkungen in der Benutzung des Luftraums in der Schweiz durchzusetzen;
    2. im Falle erhöhter Spannungen im gesamten Schweizer Luftrauminnerhalb von Minuten mit Kampfflugzeugen gegen Luftraumverletzungen durch nicht koope-rative Zivilflugzeuge, militärische Transportflugzeuge, Drohnen und einzelne in den Luftraum eindringendeKampfflugzeuge zu intervenieren;
    3. in der Verteidigung zusammen mit der bodengestützten Luftverteidigung einem Gegner während einer beschränkten Zeit die Erlangung der Luftüberlegenheit zu verunmöglichen und gleichzeitig die Armee mit operativem Feuer ausserhalb der Reichweite der eigenen Artillerie und mit Luftaufklärung zu unterstützen
Von gelegentlichen grenzüberschreitenden Kleinstübungen mit der deutschen Luftwaffe und dem Luft-Boden-Schießen auf Sardinien abgesehen beteiligt sich das Bundesheer schon seit 18 Jahren an keinen internationalen Luftübungen mehr. Und eine Wiederbelebung der AMADEUS-Übungsserie unter Beteiligung von Kampfjets der Nachbarstaaten hat die Politik 2014 erfolgreich unterbunden.
chuckw
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von chuckw »

Indonesier wollen unsere Eurofighter kaufen

https://www.krone.at/2194424
Alles läßt sich durch Standhaftigkeit und feste Entschlossenheit erreichen. (Prinz Eugen v. Savoyen)
theoderich
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von theoderich »


Die Presse am Sonntag vom 19. 7. 2020 hat geschrieben:Indonesien will Tanner alle Eurofighter abkaufen

Heer. Indonesiens Verteidigungsminister schreibt einen Brief nach Wien: Das Land will alle 15 Abfangjäger haben.


Wien/Jakarta. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ist keine Freundin der 15 Eurofighter, die derzeit den Luftraum in Österreich sichern. Am liebsten würde sie die Abfangjäger loswerden, den Kaufvertrag rückabwickeln und vom Hersteller Airbus entschädigt werden. Dafür muss die Republik allerdings erst einen langwierigen Rechtsstreit mit dem Konzern gewinnen. Und beweisen, dass die Republik von Airbus beim Kauf getäuscht wurde. Das ist erstens langwierig und zweitens unwahrscheinlich.

Nun tut sich aber eine weitere Option auf, die Eurofighter loszuwerden - von höchst ungewöhnlicher Seite. Indonesien bietet Österreich an, alle 15 Abfangjäger abzukaufen. Verteididungsminister Prabowo Subianto richtet seine Bitte in einem Brief (er liegt der "Presse am Sonntag" vor) persönlich an seine österreichische Amtskollegin: "Bitte gestatten Sie mir, mich in einer höchst wichtigen Angelegenheit für die Republik Indonesien direkt an Sie zu wenden", schreibt der Minister auf Englisch. Prabowo sei von einem deutschen Berater darüber informiert worden, dass Österreich die Eurofighter im Jahre 2002 angeschafft hat. "Um die indonesischen Luftstreitkräfte zu modernisieren, möchte ich mit Ihnen in offizielle Verhandlungen eintreten, um alle 15 Eurofighter für die Republik Indonesien zu kaufen."

Ministerium bestätigt

Prabowo weiß offenbar Bescheid, wie Tanner zu den Abfangjägern steht: "Mir ist die Empfindlichkeit der Angelegenheit bewusst." Er kenne die Umstände des Eurofighter-Kaufs in Österreich und seine Auswirkungen bis in die Gegenwart. "Nichtsdestotrotz bin ich sicher, dass mein Angebot beiden Seiten Chancen bietet", glaubt er. Das Schreiben ist mit 10. Juli datiert und traf Ende vergangener Woche im Ministerium ein. Das Verteidigungsressort bestätigt auch, den Brief erhalten zu haben. Weiter kommentieren wollte man das Angebot aber nicht.

Tatsächlich interessierte sich Indonesien schon 2015 für Abfangjäger von Eurofighter. Damals gab es noch Gespräche direkt mit dem Hersteller. Der Konzern berichtete auf seiner Homepage sogar davon, wie eine Delegation für erste Gespräche nach Jakarta flog. Allerdings vergeblich: Aus den Verhandlungen wurde nichts. Daraufhin begann Indonesien Gespräche über den Ankauf von elf russichen Suchoi Su-35 "Flanker-E". Auch amerikanische F-16 wurden angeschafft. Allerdings ist Indonesien weiterhin auf der Suche nach passendem Fluggerät. Denn die Pläne mit Russland wurden auf Druck der USA von Indonesien verworfen.

Vor allem unter Prabowo als Verteidigungsminister nahm sich Indonesien nun auch vor, die veralteten Geräte der Luftstreitkräfte zu modernisieren und neues Fluggerät anzukaufen. Eben auch, so die Hoffnung, aus Österreich.

Verkauf kompliziert

Ein Verkauf wäre theoretisch möglich, aber höchst kompliziert. Möchte Österreich seine Abfangjäger loswerden, müssen die Nationen des sogenannten Eurofighter-Konsortiums zustimmen. Das sind Deutschland, Großbritannien, Spanien und Italien. Außerdem müsste auch der Konzern seine Zustimmung erteilen.

Das Verhältnis zwischen Österreich und Airbus ist aber - um es vorsichtig zu formulieren - angespannt. Unter Tanners Vorgänger im Verteidigungsressort, Hans Peter Doskozil (SPÖ), wurde eine Strafanzeige gegen Airbus und führende Manager eingebracht. Es geht um Betrug und Täuschung: Vereinfacht ausgedrückt wurden aus Sicht Österreichs Gegengeschäftskosten in den Kaufpreis eingerechnet, obwohl es nicht vereinbart war. Außerdem wurden Flieger eine moderneren Generation versprochen - obwohl diese nicht geliefert werden konnten.

Eine zivilrechtliche Klage ist nicht eingebracht, aber zumindest in Planung. Die Strategie Tanners: Sollten sich die Korruptionsvorwürfe bewahrheiten, könnte man die Eurofighter auf diesem Wege loswerden.
https://www.diepresse.com/5841337/indon ... 1595078840

Zuletzt geändert von theoderich am Mo 20. Jul 2020, 19:08, insgesamt 2-mal geändert.
opticartini
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von opticartini »

muck hat geschrieben: Fr 17. Jul 2020, 21:58 Zieht man die paar Flugstunden ab, die bspw. an der NATO-Ostflanke erflogen werden, und außerdem solche, bei denen die Flugzeuge zum Luft-Boden-Einsatz zweckentfremdet werden, bleiben nur Einsätze, bei denen das wohl beste Jagdflugzeug der Generation 4+ lediglich dazu dient, Verkehrspiloten zu erschrecken, die versehentlich ihren Transponder falsch eingestellt haben.
Ja, dieses Flugzeug wurde ursprünglich als Antwort auf die Bedrohung von hoch und schnell fliegenden Jets der Sowjetunion entwickelt. Heute sind Luft-Luft-Missionen mit tatsächlichem Waffeneinsatz selten, Luft-Boden-Einsätze sind eher die Regel und stellen keine "Zweckentfremdung" dar.

EF Typhoon wird regelmäßig von der RAF für Kampfeinsätze verwendet:
Typhoons bomb four Islamic State caves in northern Iraq. https://ukdefencejournal.org.uk/typhoon ... hern-iraq/
Dramatic moment RAF Typhoon jets destroy ISIS base hidden in six caves in Iraq in night-time strike using guided missiles. https://www.dailymail.co.uk/news/articl ... -Iraq.html

Luft-Auftanken 2017 im Rahmen der "Operation Inherent Resolve" (Irak/Syrien):

muck hat geschrieben: Fr 17. Jul 2020, 21:58 Ein stehendes Heer wird aber gerade zu dem Zweck unterhalten, für Eventualitäten gerüstet zu sein, und mögen sie noch so unwahrscheinlich sein.
Nach dieser Logik müssten wir Atombomben vorrätig haben und würden ca. 50 Kampfjets brauchen. Für alle Eventualitäten gerüstet zu sein ist komplett unrealistisch. In einem konventionellen Kriegsfall würden österreichische Kampfjets daher am Boden bleiben und es würde eine politische Lösung gesucht werden.

öbh hat geschrieben: Fr 17. Jul 2020, 16:09 opticartini dann sag du mal, welcher Überschalljäger für unser Land kein Overkill sei.
Einmotorige Kampfjets wie JF-17 oder Saab Gripen reichen aus, wenn man NATO-Flieger mit höherer Produktionszahl (zwecks Versorgungssicherheit) bevorzugt, dann irgendeine F-16 Variante.

Laut den Belgiern sind sogar die F-35A billiger als die Eurofighter (zumindest die Variante, die Belgien angeboten wurde).
https://uk.reuters.com/article/uk-aeros ... KKCN1MZ1QW

chuckw hat geschrieben: Sa 18. Jul 2020, 15:41 Indonesier wollen unsere Eurofighter kaufen

https://www.krone.at/2194424
Ob das ein Hoax ist?

Wenn nicht, dann brauchen wir eh nur mehr die Zustimmung der Hersteller und die rechtliche Frage biegen wir irgendwie hin. Wenn wir die Eurofighter ohne Bewaffnung verkaufen, ist das ja kein Waffenverkauf oder …

Bei unseren Politikern sollten wir aber aufpassen, ob nicht am Ende Österreich noch was an Indonesien zahlen muss.

Nur damit keine Missverständnisse entstehen: Ich halte ein Ende der Eurofighter nach nicht mal 15 Jahren für irrsinnig. Allerdings muss man so ehrlich sein zu erkennen, dass das Projekt Eurofighter in Österreich von Beginn weg "verpfuscht" wurde.
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Doppeladler
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von Doppeladler »

Die Krone hatte schon wieder das Schreiben:
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theoderich
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von theoderich »

opticartini hat geschrieben: Sa 18. Jul 2020, 17:33Wenn nicht, dann brauchen wir eh nur mehr die Zustimmung der Hersteller und die rechtliche Frage biegen wir irgendwie hin. Wenn wir die Eurofighter ohne Bewaffnung verkaufen, ist das ja kein Waffenverkauf oder …
Das funktioniert nicht (@opticartini: Ich weiß, dass diese Sätze ironisch gemeint sind.):
  • Bundesgesetz vom 18. Oktober 1977 über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz - KMG)
    Kriegsmaterial

    § 2. Die Bundesregierung bestimmt im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates durch Verordnung, welche Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände nach dem jeweiligen Stand der militärtechnischen Entwicklung als Kriegsmaterial im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen sind.
    (2a) Bei einem Antrag auf Ausfuhr von zuvor aus einem anderen EU-Mitgliedstaat nach Österreich eingeführtem Kriegsmaterial in einen Drittstaat hat der Antragsteller zu erklären, ob und gegebenenfalls welche Ausfuhrbeschränkungen welcher EU-Mitgliedstaaten für das antragsgegenständliche Kriegsmaterial aufgrund vorangehender Verbringungen dieses Kriegsmaterials innerhalb der EU ihm zur Kenntnis gelangt sind. Eine allenfalls erteilte Zustimmung des jeweiligen EU-Mitgliedstaates zur beantragten Ausfuhr des Kriegsmaterials in diesen Drittstaat ist vorzulegen; liegt eine solche nicht vor, ist der Versuch, sie einzuholen, etwa durch Vorlage einer Bestätigung der Übermittlung des Zustimmungsersuchens an diesen EU-Mitgliedstaat oder einer abschlägigen Antwort dieses EU-Mitgliedstaates, nachzuweisen. Ausfuhrbeschränkungen anderer EU-Mitgliedstaaten sind im Rahmen der Entscheidung über den Antrag angemessen zu berücksichtigen. Erforderlichenfalls kann der Bundesminister für Inneres im Wege des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten die betroffenen EU-Mitgliedstaaten konsultieren.
    https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassu ... r=10000609
  • Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977 betreffend Kriegsmaterial
    § 1. Als Kriegsmaterial sind anzusehen:

    […]

    8. Für den militärischen Gebrauch speziell entwickelte und gefertigte elektronische oder optronische Geräte zur Nachrichtenübermittlung, Zielerfassung, Zielbeleuchtung, Zielmarkierung, Zielverfolgung, Feuerleitung, Aufklärung, Beobachtung und Überwachung.

    […]

    III. Kriegsluftfahrzeuge

    a) Luft- und Raumfahrzeuge, die durch Bewaffnung, Ausrüstung oder sonstige Vorrichtungen für den unmittelbaren Kampfeinsatz besonders gebaut und ausgerüstet sind.

    b) Zellen und Triebwerke für Kriegsmaterial der lit. a.
    https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassu ... r=10000621


Vor allem sprechen das Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes und die deutsche Außenwirtschaftsverordnung ganz stark dagegen:
  • Außenwirtschaftsverordnung
    § 46 Genehmigungserfordernisse für Handels- und Vermittlungsgeschäfte über Güter des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste

    (1) Handels- und Vermittlungsgeschäfte über Güter des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste bedürfen der Genehmigung, wenn

    1. die Güter sich

    a) in einem Drittland befinden oder

    b) im Inland befinden und noch nicht einfuhrrechtlich abgefertigt sind und

    2. die Güter in ein anderes Drittland geliefert werden sollen.

    (2) Eine Genehmigung nach Absatz 1 ist nicht erforderlich, wenn das Handels- und Vermittlungsgeschäft nach § 4a des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen genehmigungspflichtig ist.
    http://www.gesetze-im-internet.de/awv_2013/index.html
  • Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes
    § 4a Auslandsgeschäfte

    (1) Wer einen Vertrag über den Erwerb oder das Überlassen von Kriegswaffen, die sich außerhalb des Bundesgebietes befinden, vermitteln oder die Gelegenheit zum Abschluß eines solchen Vertrags nachweisen will, bedarf der Genehmigung.

    (2) Einer Genehmigung bedarf auch, wer einen Vertrag über das Überlassen von Kriegswaffen, die sich außerhalb des Bundesgebietes befinden, abschließen will.

    (3) Die Absätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn die Kriegswaffen in Ausführung des Vertrags in das Bundesgebiet eingeführt oder durchgeführt werden sollen.

    (4) Für Vermittlungs- und Überlassungsgeschäfte im Sinne der Absätze 1 und 2 von Unternehmen, die selbst Kriegswaffen innerhalb der Europäischen Union herstellen, kann eine Allgemeine Genehmigung erteilt werden.
    http://www.gesetze-im-internet.de/krwaffkontrg/
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von muck »

Allein dass dieser Brief an die Öffentlichkeit durchgestochen wurde, sagt doch schon alles. Anderswo hasst man Sinti und Roma oder Juden, in Österreich hasst man ein Flugzeug.
opticartini hat geschrieben: Sa 18. Jul 2020, 17:33Ja, dieses Flugzeug wurde ursprünglich als Antwort auf die Bedrohung von hoch und schnell fliegenden Jets der Sowjetunion entwickelt. Heute sind Luft-Luft-Missionen mit tatsächlichem Waffeneinsatz selten, Luft-Boden-Einsätze sind eher die Regel und stellen keine "Zweckentfremdung" dar.

EF Typhoon wird regelmäßig von der RAF für Kampfeinsätze verwendet:
Dessen bin ich mir durchaus bewusst. Tatsache ist aber, dass sich die Zahl der Luft-Boden-Sorties aller Typhoon im homöopathischen Bereich bewegt, verglichen etwa mit dem Air Policing über dem Baltikum und Island.

Tatsache ist auch, dass die Maschine für Bodenangriffe absolut überqualifiziert ist und ein nicht unerheblicher Teil der Verzögerungen und Kostensteigerungen des Programms daher rührte, dass man das Flugzeug für eine Rolle ertüchtigen wollte, die man bei seiner Entwicklung nicht in den Blick genommen hatte.

Die Typhoon ist ein reinrassiger Luftüberlegenheitsjäger, in dessen Erbgut das "Luft-Boden-Gen" erst spät eingefügt wurde, und dies eigentlich auch nur deshalb, weil die Aussonderung dedizierter Muster für den Bodenangriff (wie Tornado und Jaguar) absehbar war.
opticartini hat geschrieben: Sa 18. Jul 2020, 17:33Nach dieser Logik müssten wir Atombomben vorrätig haben und würden ca. 50 Kampfjets brauchen. Für alle Eventualitäten gerüstet zu sein ist komplett unrealistisch. In einem konventionellen Kriegsfall würden österreichische Kampfjets daher am Boden bleiben und es würde eine politische Lösung gesucht werden.
Ich denke, Du weißt durchaus, wie der Begriff "unwahrscheinlich" gemeint war. Die derzeitige Regierung in Wien scheint das Bundesheer auf Einsätze trimmen zu wollen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit ihr statistisch hoch erscheint. Dies ist ein Irrweg, darin gründend, dass man einen falschen Bezugszeitraum gewählt hat, nämlich die Gegenwart allein – in dem unsinnigen Vertrauen darauf, man werde später schon wieder zeitig aufrüsten können.

Viele andere Staaten Europas haben denselben Kurs gefahren und bedauern ihn bereits wieder. In Deutschland etwa hat man die Fähigkeit zur Operationsführung auf Divisionsebene 2010 aufgegeben. 2014 wurde beschlossen, sie wiederzuerlangen. Nach jetzigem Kenntnisstand wird das Niveau vor der Reform frühestens 2027 erreicht, und zwar auch nur dann, wenn alles wie am Schnürchen läuft. Was nicht zu erwarten steht.

Es liegt damit auf der Hand, dass man mindestens für entsprechende Zeiträume planen muss. Ein Ereignis, das statistisch gesehen einmal in 100 Jahren eintritt, hat pro Jahr eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 1%. Habe ich aber 30 Jahre im Voraus zu planen, sieht die Welt schon ganz anders aus.

Es gibt statistisch unwahrscheinliche Ereignisse, mit denen man vernünftigerweise rechnen muss, und solche, auf deren Ausbleiben man rechnen kann, ohne sich der Fahrlässigkeit schuldig zu machen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Österreich seinen Luftraum gegen ein von Terroristen entführtes Flugzeug oder gar gegen einen militärischen Eindringling – und sei es eine verirrte MiG – verteidigen muss, ist höher, als viele glauben. Zumal Österreichs östliche Nachbarn Staaten mit vergleichsweise kleinen Luftwaffen und, vor allem, kleiner Fläche sind, die im Nu überflogen werden könnten.

Auch das Vertrauen Tanners auf den Schutz der Nachbarn ist erstaunlich naiv, und zwar nicht nur, weil allein Art 72 (7) EUV Österreich einen Anspruch auf die "in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung" anderer EU-Staaten im Verteidigungsfalle zubilligt.

Doch enthält dieselbe Vorschrift auch einen Auftrag an alle EU-Staaten, ihre militärischen Fähigkeiten zu erhalten und auszubauen. Es darf bezweifelt werden, dass Italien, Ungarn oder Deutschland es eilig haben würden, einem Österreich zu helfen, das zur Vorsorge in der Lage aber nicht willens war.

Überdies ist der Fortbestand von EU und NATO keineswegs sicher, zumindest nicht in der gegenwärtigen (auch territorialen) Form. Von letzterer kann Österreich sogar noch weniger Schutz erwarten. Er wird nicht einmal geschuldet.
öbh hat geschrieben: Fr 17. Jul 2020, 16:09Einmotorige Kampfjets wie JF-17 oder Saab Gripen reichen aus, wenn man NATO-Flieger mit höherer Produktionszahl (zwecks Versorgungssicherheit) bevorzugt, dann irgendeine F-16 Variante.
Welche Rolle soll denn die Anzahl der Triebwerke spielen? Das ist der geringste Kostenpunkt. Die Avionik, die Mittel zur elektronischen Kampfführung, der Flugkontrollcomputer und spezielle Werkstoffe – da liegt der Hund begraben.

Im Übrigen sehe ich nicht, warum die F-16 eine höhere "Versorgungssicherheit" als die Typhoon bieten sollte. In Anbetracht der geringen Größe der österreichischen Flotte sollte es bei keinem Muster seine Schwierigkeiten haben, eine Ersatzteilversorgung auf dem Second-Hand-Markt sicherzustellen.

Einen wirklichen finanziellen Vorteil erhielte man nur dann, wenn man jetzt gebrauchte F-16 beschaffte, deren hunderte in den kommenden zehn Jahren in Europa und den USA außer Dienst gestellt werden.

Doch reden wir hier von F-16, die weit über dreißig Jahre auf dem Buckel haben. Man könnte ihren Nachfolger gleich mitbestellen.

Bestellte man neue F-16, wäre mit der Typhoon wohl sogar eine höhere Versorgungssicherheit gegeben, denn davon fliegen nicht viele umher und die Produktionsstraßen werden auch nicht mehr lange offengehalten.
öbh hat geschrieben: Fr 17. Jul 2020, 16:09Laut den Belgiern sind sogar die F-35A billiger als die Eurofighter (zumindest die Variante, die Belgien angeboten wurde).
https://uk.reuters.com/article/uk-aeros ... KKCN1MZ1QW
Die F-35 wird in höherer Stückzahl produziert, damit sind auch Ersatzteile etc. billiger. In puncto Ausbildung kann man mit den Amerikanern kooperieren, deren Militär viel stärker in Verkaufsanstrengungen der Rüstungsindustrie eingebunden ist als auf unserer Seite des Atlantiks üblich.

Alles in allem vergleicht indes Äpfel mit Birnen, wer die Flugstundenkosten beider Muster vergleicht, denn beide Maschinen sind für völlig unterschiedliche Rollen konzipiert. Abgesehen von der Tarnkappentechnologie ist allein das Radar der F-35 komplexer als das der Typhoon (jedenfalls sans Captor-E).

Schon die eingeschränkte Belastbarkeit der Zelle (F-35 je nach Variante 4,5 bis 5 g) gegenüber der der Typhoon (9+ g) lässt erkennen, wo sich das höhere Kostenpotential der letzteren verbirgt, bspw. in puncto Instandhaltung, aber auch in der Ausbildung. Man vergleiche nur die Länge des B-Course der USAF für die F-35 mit dem für die F-16.
opticartini hat geschrieben: Sa 18. Jul 2020, 17:33Allerdings muss man so ehrlich sein zu erkennen, dass das Projekt Eurofighter in Österreich von Beginn weg "verpfuscht" wurde.
Kein Grund, es nicht wieder ins Gleis zu setzen, schon im Sinne des Steuerzahlers. Tanner verkauft ihre Landsleute für dumm, wenn sie vorspiegelt, dass ein Ersatz der Typhoon nicht mit exorbitanten Mehrkosten für den Staatssäckel verbunden wäre.

Man hat damals den Fehler begangen, das Flugzeug zu entkernen. Wetzte man diese Scharte aber aus und sorgte für geeignete Ausbildungsplattformen, könnte das ÖBH seine kleine Flotte locker bis 2040 betreiben.
iceman
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von iceman »

@muck: toller Beitrag!
Ich nehme an, die Tanner läuft gerade vor Freude kreischend durch die Rossauer Kaserne.
Ist das Schreiben auf Echtheit überprüft worden?
Airbus wird sich vielleicht auch freuen: Endlich sind wir die Ösis los!
theoderich
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von theoderich »

iceman hat geschrieben: Sa 18. Jul 2020, 22:25Ich nehme an, die Tanner läuft gerade vor Freude kreischend durch die Rossauer Kaserne.
Ist das Schreiben auf Echtheit überprüft worden?
Airbus wird sich vielleicht auch freuen: Endlich sind wir die Ösis los!
Österreich darf die 15 Eurofighter gar nicht an einen Drittstaat weiterverkaufen. Stand schon vor knapp drei Jahren schwarz auf weiß bei "Addendum":
  • Altmetall für 1,6 Milliarden Euro?
    Basis dafür sind zentrale Passagen aus dem bis heute geheim gehaltenen Kaufvertrag mit der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH. Im Prinzip ist ein Weiterverkauf nämlich nur mit Zustimmung des Herstellers möglich.
    Will das Verteidigungsressort nun, wie von Minister Hans Peter Doskozil angekündigt, die Flugzeuge verwerten, dann werden Eurofighter und Haupteigentümer Airbus insbesondere auf die Einhaltung der Details von Vertragspunkt 33 bestehen. In Unterpunkt 33.4 erhält man einen ersten Eindruck davon, was der „Typhoon“ wirklich ist: ein fliegender Computer. Damit dieses Stück Hochtechnologie überhaupt funktioniert, braucht es Software, ein Betriebssystem. In diesem Betriebssystem sind die Milliarden Euro schweren Investitionen für die Entwicklung des Jets konzentriert. Entsprechend streng ist dessen Nutzung geregelt: Damit fliegen ist erlaubt. Kopieren, verändern, weitergeben, analysieren oder auch nur darüber reden: Alles verboten. Auch für die wirtschaftlichen Eigentümer des Jets.

    Verstößt das Bundesheer gegen diese Regeln, sieht Vertragspunkt 33.5 harsche Konsequenzen vor. Eurofighter kann dann einseitig die Lizenz kündigen. „Im Falle einer solchen Kündigung […] ist das BMLV verpflichtet, innerhalb von dreißig Tagen […] die […] Software zurückzugeben.“ Die Flugzeuge könnten danach nicht mehr betrieben werden. Sie müssten als nutzlose Ansammlung von Metall und Verbundwerkstoffen im Hangar des vom übrigen Fliegerhorst mit Schleusen abgetrennten Sicherheitsbezirks der Sicherheitsstufe „Alpha“ bleiben.
    https://www.addendum.org/bundesheer/eurofighter/
iceman
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Re: Evaluierungskommission Luftraumüberwachung

Beitrag von iceman »

Und die Indonesier wissen das nicht?
Gebrauchte EF wurden schon an Rumänien oder an die Schweiz angeboten. Außerdem könnte Airbus mit unseren EF in dem 200 mio. Einwohnerland Indonesien Fuß fassen...
(Ich möchte auch nicht, dass man unsere EF verkauft...)
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