- Stellungnahme Einzelpersonen
https://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documen ... rsonen.pdf
- Stellungnahme Verbände
https://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documen ... baende.pdf
- Stellungnahme Parteien
https://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documen ... rteien.pdf
- Stellungnahme Kantone
https://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documen ... antone.pdf
GRÜNE hat geschrieben:Aus grüner Sicht kann die Schweiz die Aufgabe der Luftpolizei mit 8 bis 12 in der Nutzungsdauer verlängerten F/A-18 sicherstellen. Es besteht keine Notwendigkeit, auf Vorrat eine neue Kampfjetflotte zu beschaffen.
Sozialdemokratische Partei der Schweiz hat geschrieben:Für den Luftpolizeidienst braucht es keine Höchstleistungs-Kampfflugzeuge, deren Betrieb extrem teuer, lärmig und CO2-intensiv ist. Damit lässt sich die Nutzungsdauer der vorhandenen FA-18 weit über das Jahr 2035 hinaus verlängern, weil parallel auch der Ausbildungsaufwand für den Luftkampf deutlich reduziert werden kann. Für den (nach wie vor höchst unwahrscheinlichen) Fall eines militärischen Angriffes sind bodengestützte Systeme zum Schutz des Luftraums wirkungsvoller als Kampfflugzeuge, deren angeblicher Schutz weit löcheriger ist, als oft behauptet wird: Ihre Verfügbarkeit ist notorisch gering, gegen zahlreiche Risiken wie Raketen oder tieffliegende Drohnen und viele weitere Bedrohungen aus der Luft sind sie machtlos. Bodengestützte Systeme sind demgegenüber rund um die Uhr verfügbar, weit kostengünstiger und erst noch in der Lage, ein grösseres Spektrum von Gefahren abzuwehren. Eine Zwei-Typen-Luftwaffe hat zudem den Vorteil, dass nach Ablauf der mittels Schonung verlängerten Nutzungsdauer der FA-18 ein europäisches Kampfflugzeug der neuesten Generation im Angebot stehen dürfte.
[...]
Aus finanziellen, ökologischen und polizeilichen Gründen sind alltägliche, häufig vorkommende luftpolizeiliche Aufgaben mit agilen, leichten Kampfjets zu erledigen statt mit Höchstleistungs-Kampfflugzeugen. Leichte Kampfjets sind in Beschaffung und Betrieb um ein Vielfaches kostengünstiger; verursachen viel weniger Lärm; verbrauchen um Faktoren weniger Kerosin; sind technologisch weniger anfällig, weniger wartungsintensiv und somit weit nachhaltiger verfügbar; und sie lassen sich dennoch mit Waffen wie 20-mm-Schnellfeuer-Kanonen oder Luft-Luft-Kurzstrecken-Raketen vom Typ Sidewinder (2–2.7 Mach, 4,8–17,7 km Reichweite) oder Asraam (3 Mach, 15 km Reichweite) bewaffnen. Damit lässt sich kein Luftkrieg führen. Gegen die allermeisten alltäglichen Ziele sind leichte Kampfjets aber hinreichend wirksam. Sie könnten praktisch sämtliche der rund 400 luftpolizeilichen Einsätze erledigen, die von der Schweizer Luftwaffe jedes Jahr ausgeführt werden, sei es, weil Transportflugzeuge den Transponder abstellen, um Gebühren zu sparen; weil Sportflugzeuge vom richtigen Weg abgekommen sind; oder um Aufklärungs- und Überwachungsaufgaben zu erledigen. Selbst für den Schutz des Luftraums über dem WEF in Davos oder einer internationalen Konferenz in Genf wären leichte Kampfjets hinreichend, weil es ja auch dort nicht um das Risiko eines geballten Angriffs von symmetrischen Gegnern geht.
[...]
Leichte Kampfjets sind kostengünstig und leistungsfähig: Der tschechische Aero L-159 Jet Trainer ist für rund 10 Mio. Franken zu haben, der MB-346 Master von Aermacchi aus Italien für rund 25 Mio., beide Typen sind Tag/Nacht- und Allwetter-flugtauglich. Höchstleistungs-Kampfflugzeuge wie der FA-18 sind äusserst wartungsintensiv, müssen deshalb meistens am Boden in der Halle technisch überholt werden und können pro Einsatz bloss 1 bis 1.5 Stunden in der Luft bleiben. Bei leichten Kampfjets ist der Wartungsaufwand demgegenüber viel kleiner und die Verweildauer in der Luft mit bis zu 2.5 Stunden deutlich höher – und dies erst noch zu einem halb so grossen Treibstoffverbrauch, was einen Effizienzfaktor von 5 ergibt.
- Zukunft der Schweizer Luftwaffe: Parmelin hat zu hoch gepokert (Kommentar, 25. September 2018)
Die Vernehmlassung zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge ist zu Ende, und für die von Bundesrat Guy Parmelin vorgegebene Marschroute sieht es gar nicht gut aus.Indem Parmelin die Ersatzbeschaffung neuer Kampfflugzeuge und einer bodengestützten Fliegerabwehr (Bodluv) ohne Not und entgegen der Empfehlung einer Expertengruppe dem fakultativen Referendum unterstellte, ging er ein nur schwer kalkulierbares Risiko ein. Denn damit ist so gut wie gewiss, dass das Volk in einer gemeinsamen Abstimmung über beides befinden wird. So hat beispielsweise die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) bereits angekündigt, dass sie das Referendum ergreifen wird.
Parmelin und seine Leute setzen damit alles auf eine Karte. Sie gelangten offenbar zuvor im engeren Kreis zur Überzeugung, dass eine Entscheidung über Sein oder Nichtsein der Schweizer Luftwaffe dem Anliegen die nötige Dramatik verleihen würde, die dann im entscheidenden Moment eine Mehrheit der Stimmbürger auf die eigene Seite zu ziehen vermöge.
Bei der nun anstehenden Beschaffung sollen zudem tunlichst die Fehler der Vergangenheit vermieden werden. Im Abstimmungskampf soll es keine Typendiskussionen mehr geben. Gewählt wurde der Weg über einen sogenannten Planungsbeschluss von grosser Tragweite, der dem Volk unterbreitet werden dürfte. Er wird einzig den finanziellen Rahmen von 8 Milliarden Franken und den grundsätzlichen Beschluss, neue Kampfflugzeuge und eine Bodluv zu kaufen, umfassen. Diskussionen darüber, welches das für die Schweiz richtige Kampfflugzeug, die beste Bodluv sei, sollen erst nach gewonnener Abstimmung und von den entsprechenden Experten geführt werden – so der vom VBS ausgearbeitete Plan.
Schon aufgelaufen
Doch wie es scheint, passiert nun gerade das, was mit diesem Vorgehen eigentlich um jeden Preis hätte verhindert werden sollen. War es beim Gripen-Absturz der Typenentscheid, der einen Keil mitten durch die bürgerlichen Kreise trieb, so tritt an dessen Stelle nun das vom Bundesrat veranschlagte politische Vorgehen selbst. Dies zeigt die am Samstag zu Ende gegangene Vernehmlassung deutlich. Bundesrat Parmelins Vorschlag, die beiden Beschaffungen über einen referendumsfähigen Planungsbeschluss abzuwickeln, kommt bei den bürgerlichen Parteien schlecht an.
Die Freisinnigen haben schon vor längerem signalisiert, dass sie den sogenannten Planungsbeschluss von grosser Tragweite kritisch sehen. Zu Recht weisen sie in ihrer Vernehmlassungsantwort darauf hin, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Kauf von Luftverteidigungsmitteln von grösserer Tragweite sein sollte als andere Rüstungsvorhaben, zumal es sich hierbei um eine Ersatzbeschaffung handle. Zudem habe der Bundesrat ohne Not auch die bodengestützte Luftverteidigung, die politisch eigentlich unbestritten sei, einem Plebiszit ausgesetzt. An diesem Umstand stört sich auch die CVP. Sie fordert, dass die Bodluv aus dem Planungsbeschluss ausgeklammert wird.
Parmelins Kalkül, mit einer Grundsatzabstimmung über die Zukunft der Luftwaffe in Bern eine möglichst breite Front hinter sich und sein Vorhaben zu scharen, scheint schon vor der 2019 anstehenden Parlamentsdebatte gescheitert. Einzig von seiner Partei, der SVP, erhält der Bundesrat noch Sukkurs. Es sei konzeptionell richtig, dass das Volk über eine aufeinander abgestimmte Verbundlösung entscheiden könne. «Flugzeuge und Abwehrraketen hängen zusammen», gab der Berner SVP-Nationalrat Adrian Amstutz unlängst zu Protokoll. Dass man die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und einer Bodluv konzeptionell zusammen denkt, ist zweifellos richtig, nur muss dies nicht zwangsläufig bedeuten, dass man sie gleich auch beide einem fakultativen Referendum unterstellen muss.
Quasi-institutionelle Weihen
Ohnehin irritiert, dass die Regierung nun wider besseres Wissen die Gripen-Niederlage von 2014 noch zu Teilen in die Zukunft einschreiben möchte. Im Nachhinein betrachtet, war es – ungeachtet der Typenfrage – ein grober politischer Fehler, die Kampfjet-Beschaffung dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Der Bundesrat schuf damit quasi ein Präjudiz für all die kommenden Kampfjetkäufe. Darin scheint er nun auch selbst gefangen zu sein. Aus den zwei vorangehenden Abstimmungen über den Kauf von Kampfflugzeugen leite sich zwar kein Rechtsanspruch auf einen erneuten direktdemokratischen Entscheid ab, hält der Bundesrat mit Blick auf das nun anstehende Beschaffungsprojekt fest, «aber eine politisch zu beachtende Erwartung». Aussenstehende können nur staunen, wie schnell in Bern politische Ausnahmesituationen quasi-institutionelle Weihen zugesprochen bekommen.
So besehen, ist es noch schwerer, zu begreifen, weshalb der Bundesrat gleich noch eins draufgesetzt hat und die bisher nie einem Referendum unterstellte Fliegerabwehr ebenfalls einem Plebiszit zuführt. Die vielerorts geäusserte Sorge, dass bei den in Kürze anstehenden Erneuerungen grosser und kostspieliger Systeme, wie beispielsweise der Panzerwaffe oder der Artillerie, ebenfalls referendumsfähige Beschlüsse eingefordert werden könnten, ist deshalb nur schwer von der Hand zu weisen. Das Schreckgespenst eines generellen Rüstungsreferendums, das in den 1980er Jahren schon einmal per Initiative hätte eingeführt werden sollen, würde so Jahrzehnte später doch noch – zumindest indirekt – zur Realität.
https://www.nzz.ch/meinung/zu-hoch-gepokert-ld.1421962Und auch wenn es nicht gänzlich ausgeschlossen ist, dass Parmelin sein Geschäft doch noch in seinem oder in einem abgeschwächten Sinne durchzubringen weiss, so wäre jetzt der Zeitpunkt, sich nochmals zu fragen, auf welchem Weg der politisch doch breit abgestützte Kauf einer neuen Luftwaffe am sinnvollsten abzuwickeln ist.
Dabei ist es ratsam, sich seine Agenda nicht von den Gegnern neuer Kampfjets diktieren zu lassen, wie dies schon beim Gripen-Kauf der Fall war. Die damalige Entscheidung, den Gripen-Fonds dem fakultativen Referendum zu unterstellen, war eher vorauseilendem Gehorsam gegenüber diesen politischen Kräften denn einer politischen Notwendigkeit geschuldet. Die schon Jahre vor der Gripen-Abstimmung von der GSoA eingereichte, dann aber wieder zurückgezogene Volksinitiative gegen neue Kampfflugzeuge vermochte in Bern schon viel zu lange eine Drohkulisse aufrechtzuerhalten, vor der dann schliesslich der Bundesrat kuschte – mit den bekannten Folgen.
Schlechte Karten gut spielen
Auch der jetzige Planungsbeschluss atmet wieder diesen defensiven Geist, der mehr die Angst vor der direktdemokratischen Auseinandersetzung erahnen lässt, als die Überzeugung versprüht, dass die Schweiz eine neue Luftverteidigung braucht. Offenbar spekulierte man im VBS darauf, dass eine dem Volk schon fast vorsorglich dargebotene Referendumsabstimmung eher zu gewinnen ist als eine allfällige Initiativabstimmung der Gegner. Was zumindest aus abstimmungstaktischer Warte ein durchaus gewagter Gedankengang ist, da es sich bei diesen zwei Mitteln der direkten Demokratie bekanntlich gerade umgekehrt verhält: Referenden sind aufgrund des nicht benötigten Ständemehrs einfacher zu gewinnen als Volksinitiativen.
Und auch bei einem Referendum wird die Stimmbevölkerung wieder davon zu überzeugen sein, dass die angedachte Erneuerung der Luftwaffe im Rahmen der veranschlagten 8 Milliarden Franken sinnvoll und nötig ist. Um diesen Abstimmungskampf wird man bei der anstehenden Beschaffung wohl ohnehin nicht herumkommen. Und diese Auseinandersetzung lässt sich gewinnen, vor allem in einer Initiativabstimmung.