Luftwaffe: Ersatzteilmangel und niedrige Einsatzbereitschaft beim Eurofighter

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theoderich
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Luftwaffe: Ersatzteilmangel und niedrige Einsatzbereitschaft beim Eurofighter

Beitrag von theoderich »

Bundeswehr-Mangelwirtschaft
Luftwaffe hat nur vier kampfbereite "Eurofighter"
Die Einsatzrealität sieht trister aus. Nach SPIEGEL-Informationen kämpft die Luftwaffe mit einem massiven Problem am "Eurofighter". Der Großteil der 128 Maschinen starken Flotte ist für Einsätze gesperrt. Den Technikern macht das Selbstschutzsystem Sorgen, da an einem Behälter für Sensoren, im Fachjargon Wing Pod genannt, Kühlflüssigkeit austritt.

Ohne das System "Dass" aber ist der Jet für echte Missionen nicht einsatzbereit. Laut Insidern dürften derzeit nur rund zehn "Eurofighter" zu echten Einsätzen starten. Gemeint sind damit Anforderungen der Nato oder eben ein Notfall über Deutschland, zum Beispiel das Eindringen von feindlichen Flugzeugen in den Luftraum. Mit der kleinen Zahl sind die deutschen Zusagen an die Nato kaum zu erfüllen, bei der Allianz hat man 82 "Eurofighter" für Krisenfälle angemeldet.

Ohne Selbstschutz kein echter Einsatz

Das Problem ist kompliziert. Vereinfacht gesagt haben alle "Eurofighter" an den Flügeln einen Sensor, der feindliche Jets oder Angriffe erkennt und den Piloten warnt. Vor rund einem halben Jahr entdeckte man, dass der Pod nicht mehr richtig gekühlt wird. Da er zentral für das Selbstschutzsystem "Dass" ist und dieses bei allen Einsatzflügen aktiv sein muss, sinkt die Zahl der einsatzbereiten Jets.

Erst kürzlich kam dann noch ein weiteres Problem hinzu. Zwar konnten die Techniker die defekten Pods an den Flügeln austauschen, allerdings brauchten sie ein bestimmtes Ersatzteil zum Abdichten des Kühlkreislaufs. Dies aber, so die ernüchternde Antwort der Industrie, ist derzeit nicht mehr lieferbar, weil der Hersteller verkauft worden ist. Die Luftwaffe hat davon nichts erfahren, nun muss man improvisieren.

Schon vor der Entdeckung der neuen Probleme galt der "Eurofighter" als Sorgenkind der Luftwaffe. In einer offiziellen Übersicht für den Bundestag wurden im vergangenen Jahr nur 39 der 128 Jets als einsatzbereit aufgeführt. Dieser Bericht, im Fachjargon Klarstand genannt, war einer der düstersten Befunde über die vielen Waffensysteme und sorgte für negative Schlagzeilen. Aber zumindest schien es so, als verschweige man die Probleme nicht mehr.

Genaue Zahl als "geheim" eingestuft

Gerade deshalb sind die aktuellen Reaktionen der Bundeswehr erstaunlich. Ein Sprecher teilte dem SPIEGEL mit, die "tagesaktuelle Verfügbarkeit" beim "Eurofighter" sehe derzeit besser aus als 2017, genaue Zahlen seien als "geheim" eingestuft. "Ihren aktuellen Einsatzverpflichtungen kommt die Bundeswehr derzeit uneingeschränkt nach", betonte die Bundeswehr. Es werde daran gearbeitet, den Engpass bei den Ersatzteilen auszugleichen.

Die Antwort ist, vorsichtig ausgedrückt, irreführend. So zählt die Luftwaffe alle "Eurofighter"-Jets als verfügbar, die überhaupt fliegen dürfen. Dazu gehören aber viele Flieger, die nicht über ein funktionierendes Selbstschutzsystem verfügen. Diese dürfen zwar mit Attrappen an den Flügeln für Trainingsflüge oder Manöver genutzt werden. Echte Einsätze, so wie die Luftraumüberwachung am Ostrand der Nato, sind mit diesen Jets aber ausgeschlossen.
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 05641.html


Deutsche Luftwaffe: Nur vier Eurofighter kampfbereit
128 Kampfjets stark ist die Eurofighter-Flotte der deutschen Bundeswehr. Laut Insidern dürfen davon aber nur zehn Eurofighter überhaupt zu echten Einsätzen berichtet "Spiegel Online". Weil die Luftwaffe nur über zwei Handvoll Luftkampf-Raketen für die Eurofighter verfügt, sind nur vier Jets für echte Kampfeinsätze startklar.

Da diese Waffen nicht schnell nachgekauft werden können, sind die Anforderungen der Nato, wonach Deutschland 82 Eurofighter für die "High Readiness Force" und die "Force of Lower Readiness" angemeldet hat, selbst mit einer gewissen Vorlaufzeit nicht zu erfüllen. Diese Details werden laut "Spiegel"-Informationen als "geheim" eingestuft.
Dazu kommt, dass die Techniker der Bundeswehr zwar die defekten Teile austauschen können, dafür aber wiederum ein bestimmtes Ersatzteil zum Abdichten des Kühlkreislaufes benötigen. Dieses Ersatzteil ist allerdings nicht mehr lieferbar - weil der Produzent, ohne Wissen der Bundeswehr, verkauft worden ist.
https://diepresse.com/home/ausland/5415 ... ampfbereit


Anlage zu Parl Sts bei der Bundesministerin der Verteidigung Grübel 1980003-V07 vom 26. Februar 2018
Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr 2017
Im dem vorliegenden Bericht wird unterschieden nach:
  • dem Gesamtbestand eines Systems, der auch jenes Gerät umfasst, das den Teilstreitkräften bzw. Organisationsbereichen nicht zur Verfügung steht, weil es sich zum Beispiel entweder in einer längerfristigen Instandhaltung oder bei einer Wehrtechnischen Dienststelle als Erprobungsträger befindet.
  • dem Verfügungsbestand, der für Ausbildung, Übung und Einsatz zur Verfügung steht. Er bildet die Grundlage für die Erfassung der jeweiligen Einsatzsatzbereitschaft.
Der Gesamtbestand Bundeswehr an EUROFIGHTER wuchs im Betrachtungszeitraum auf 128 an.

Der Luftwaffe standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 81 Luftfahrzeuge zur Verfügung. Im Schnitt waren davon 39 Luftfahrzeuge einsatzbereit; dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von ca. 48%.

Das Materialerhaltungskonzept sieht eine starke Abstützung auf die Industrie vor. Daher wirken sich Instandhaltungs- und Hochrüstmaßnahmen bei der Industrie direkt auf den verfügbaren Bestand aus.

Für dieses weiterhin unbefriedigende Verhältnis von Verfügungsbestand zu Gesamtbestand waren unverändert lang andauernde Instandhaltungsmaßnahmen und das Fehlen verschiedenster Ersatzteile verantwortlich. Eingeleitete Beschaffungsmaßnahmen können wegen langer Lieferzeiten erst mittelfristig wirken. Der im August 2016 angelaufene Verfügbarkeitsvertrag für Ersatzteile hat zwar zu einer ersten Stabilisierung der Ersatzteillage beigetragen, bislang aber noch nicht zu einer gesteigerten Einsatzbereitschaft der Luftfahrzeuge geführt.
Die geringe materielle Einsatzbereitschaft wirkte sich jedoch zunehmend auf die Einsatzbereitschaft des fliegenden Personals aus. Der zusätzliche Ausbildungsbedarf durch die seit Anfang 2018 verfügbare Mehrrollenfähigkeit des EUROFIGHTER ist mit Blick auf die zusätzlichen NRF-Verpflichtungen in 2019 nur teilweise gedeckt.
https://www.dbwv.de/fileadmin/user_uplo ... schaft.pdf


Die "zwei Handvoll Luftkampf-Raketen für die Eurofighter" klingen für mich nach einem Gerücht. Vermutlich wurde hier der Bestand AIM-120 AMRAAM einfach außer Acht gelassen. "Zwei Handvoll" hat die Luftwaffe vermutlich von der MBDA Meteor, die erst seit August 2016 an Deutschland geliefert wird:

5. Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten
Teil 1
Berlin, April 2017
METEOR: Auslieferung der ersten operationellen Lenkflugkörper Luft/Luft mittlere Reichweite

Im August 2016 wurden die ersten 17 Lenkflugkörper METEOR planmäßig an die Bundeswehr ausgeliefert und damit die vertragliche Leistung für 2016 erfüllt. Mit METEOR erhält die Bundeswehr ein technologisches Spitzenprodukt, das in multinationaler, europäischer Kooperation entwickelt und gefertigt wurde. Der Luft-Luft-Lenkflugkörper mittlerer Reichweite METEOR ist als Hauptbewaffnung für die EUROFIGHTER der Tranchen 2 und 3a vorgesehen. Die Tranche-1-Luftfahrzeuge werden weiterhin Lenkflugkörper der AMRAAM-Baureihe nutzen.

METEOR bekämpft Luftziele auch weit außerhalb der Sichtweite, verfügt über hohe Agilität und verbesserte Zielsuchkopfleistungen. Technologisch herausragend ist hierbei der vom deutschen Unternehmen Bayern-Chemie GmbH pro-duzierte Raketenmotor.

Die Entwicklung wurde von 2003 bis 2014 durchgeführt. Im Jahre 2013 wurde der Beschaffungsvertrag über 150 Lenkflugkörper geschlossen, die von 2016 bis 2019 geliefert werden sollen.

Am Projekt sind, neben Deutschland, die Nationen Großbritannien, Italien, Schweden, Spanien und Frankreich beteiligt. Das Projekt METEOR leistet dadurch auch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt deutscher und europäischer Flugkörperkompetenz.
https://www.bmvg.de/resource/blob/12452 ... t-data.pdf


Luftwaffe kann Nato-Pflichten 2018 womöglich nicht erfüllen (11. Mai 2017)
Deutschland kann seine Verpflichtungen in der Nato mit dem Kampfjet Eurofighter 2018 einem internen Bericht zufolge möglicherweise nicht erfüllen.
Dazu komme, dass die ersten der in drei Tranchen gelieferten Jets bereits an ihre Grenzen stießen. Das Potenzial der ersten Tranche sei ausgereizt. Der Einbau eines modernen Aesa-Radars beziehungsweise der Luft-Luft-Rakete Meteor sei wegen eingeschränkter Rechenleistung nicht möglich.

Als weiteres Risiko wird in dem Bericht gesehen, dass für den Eurofighter nur wenig Munition beschafft wurde. Sowohl die Raketen für den Beschuss von Luft- als auch die Präzisionsbomben für den Beschuss von Bodenzielen seien nur in geringer Stückzahl als sogenannte Anfangsbefähigung gekauft worden. Bei einem Einsatz seien die Bestände rasch aufgebraucht.
https://de.reuters.com/article/deutschl ... EKBN187222


Contracts

Press Operations

Release No: CR-054-18
March 23, 2018
Raytheon Missile Co., Tucson, Arizona, has been awarded a $523,148,647 fixed-price incentive modification (P00001) to previously awarded contract FA8675-18-C-0003 for Advanced Medium Range Air to Air Missile (AMRAAM) Production Lot 31. This modification provides for AMRAAM Production Lot 32 for the production of the AMRAAM missile and other AMRAAM system items. Work will be performed in Tucson, Arizona, and is expected to be complete by Jan. 31, 2021. This contract involves foreign military sales to Japan, Kuwait, Poland, Indonesia, Qatar, Germany, Australia, and the United Kingdom. Fiscal 2018 production funds in the amount of $308,016,581; fiscal 2018 research and development funds in the amount of $3,569,227; and foreign military sales funds in the amount $211,562,839 are being obligated at the time of award. Air Force Life Cycle Management Center, Air Dominance Contracting Office, Eglin Air Force Base, Florida, is the contracting activity.
https://www.defense.gov/News/Contracts/ ... e/1474871/
Zuletzt geändert von theoderich am Do 3. Mai 2018, 05:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Doppeladler
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Re: Luftwaffe: Ersatzteilmangel und niedrige Einsatzbereitschaft beim Eurofighter

Beitrag von Doppeladler »

Jetzt mal unabhängig vom Inhalt: Der Spiegel betreibt seit Jahrzehnten ein Bundeswehr- und dt. Rüstungsindustrie-Bashing und ist zu diesen Themen grundsätzlich keine vertrauenswürdige Quelle.
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theoderich
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Re: Luftwaffe: Ersatzteilmangel und niedrige Einsatzbereitschaft beim Eurofighter

Beitrag von theoderich »

Das stimmt.

Ich habe zu diesem Thema einen Artikel von JDW gefunden:
Air-Launched Weapons

Europe picks up pace of Meteor integration

Gareth Jennings, London - IHS Jane's Defence Weekly

28 April 2017

Bild
The launch of two missiles from the Eurofighter Typhoon (pictured) was one of three events over recent days that have progressed the integration of the Meteor BVRAAM onto Europe's frontline fighter aircraft. (Eurofighter)

Integration of the MBDA Meteor beyond visual range air-to-air missile (BVRAAM) onto Europe's fighter aircraft has stepped up a gear with the announcements towards the end of April of three major milestones within a few days of each other.

With the 100+ km BVRAAM missile already operational and fielded on the Swedish Air Force's Saab JAS 39 Gripen C fighters, it was disclosed by the French defence procurement agency (Direction Générale de l'Armement: DGA) on 26 April that integration flight trials aboard the Dassault Rafale had been completed. This came on the same day as Eurofighter announced the first simultaneous launch of two missiles from a Spanish Air Force Typhoon, and the announcement on 21 April of a UK contract to integrate the missile onto the Lockheed Martin F-35B Lightning II Joint Strike Fighter (JSF).

For the French Rafale test, which was actually conducted on 6 April, a Meteor was fired at range against a high-speed Mirach target drone in an event that marked the completion of integration trial firings that had run since 28 April 2015. As noted by the DGA, the Meteor will become operational on the Rafale F3R in 2018.

Eurofighter's announcement related to a trial geared at demonstrating engagements against multiple targets and the simultaneous two-way data link between two missiles and the aircraft. The test, involving Spanish Air Force Instrumented Production Aircraft (IPA) 4, took place over the UK's Hebrides Range, and followed six Meteor firings from the Typhoon in 2016. The Meteor is set to become operational on the Typhoon in 2018, under the Phase 2 Enhancements (P2E) package.

Both the Rafale and Typhoon firings were announced days after MBDA was awarded GBP41 million (USD53 million) top conduct further integration studies of the Meteor on board the F-35B for the Royal Air Force (RAF) and Royal Navy (RN).

Edit.:

Der ORF hat diesen Quatsch jetzt auch aufgegriffen:

http://orf.at/#/stories/2436445/
theoderich
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Re: Luftwaffe: Ersatzteilmangel und niedrige Einsatzbereitschaft beim Eurofighter

Beitrag von theoderich »

Bundeswehr plagen "österreichische" Probleme

http://orf.at/stories/2436439/

Endlich mal wieder die Chance zu etwas "Eurofighter-Bashing" ...
theoderich
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Re: Luftwaffe: Ersatzteilmangel und niedrige Einsatzbereitschaft beim Eurofighter

Beitrag von theoderich »

Deutsche Bundeswehr hat ernste Probleme mit Eurofighter
Die Probleme der deutschen Bundeswehr mit ihrem Kampfflugzeug Eurofighter sind nach einem Medienbericht größer als bisher bekannt. Die Industrie habe das Verteidigungsministerium im vergangenen März über den vorübergehenden Ausfall eines Zulieferers von Ersatzteilen informiert, sagte ein Sprecher den Zeitungen der Funke Mediengruppe heute.
Alle Beteiligten arbeiteten mit Hochdruck an einer Lösung - „wir sehen hier die Industrie in der Pflicht, an der Entwicklung einer schnellen und tragfähigen Lösung mitzuwirken“, so der Ministeriumssprecher. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Wolfgang Hellmich (SPD), sprach von einem „sehr ernsten Problem“.
http://orf.at/#/stories/2436853/
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