Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Wehrtechnik & Rüstung, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
theoderich
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von theoderich »

Das neue Rundum- und Fahrersichtsystem leitet das Ende der Ära des Winkelspiegels ein. Erstmalig kann die gesamte Besatzung bei Tag wie bei Nacht „durch die Panzerung“ sehen. Der Fusionsmodus verbindet die Tagsicht mit dem leistungsstarken Wärmebild und ermöglicht die frühzeitige Aufklärung getarnter Ziele bei Tag wie bei Nacht. Der Puma ist das erste westliche Gefechtsfahrzeug, das serienmäßig mit einem solchen System in der Nutzung ist.
https://rheinmetall.com/de/rheinmetall_ ... _26048.php

An der Firma Rheinmetall Defence ist die Einführung des OIP Sentinel beim Österreichischen Bundesheer, vor mittlerweile über zwei Jahren, wohl spurlos vorübergegangen ...

Bild
https://www.bundesheer.at/cms/artikel.php?ID=9842

Bild
https://www.bundesheer.at/images_skalie ... 978051.jpg

Bild
https://www.bundesheer.at/cms/artikel.php?ID=9894
da_mm
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von da_mm »

Rheinmetall bezieht sich dabei auf die Sensor-Fusion-Fähigkeiten des neuen Systems. Rundumsicht-Kamerasysteme gibt es schon seit mehr als zehn Jahren.
theoderich
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von theoderich »

Ich habe mir die - spärlich verfügbaren - öffentlichen Informationen zum OIP Sentinel angesehen. Es hat keine Sensorfusion, sondern einzelne Cluster aus einer Wärmebild- und einer Tagsichtkamera, bei denen zwischen Wärmebild und Tagsicht umgeschaltet werden kann. Dafür gibt es eine Funktion zur Bewegungsmeldung (Visual Motion Detection):
Press Release. OIP Sensor Systems launches SENTINEL See-Through Armour 360° Observation system with motion detection, June 11th, 2018 hat geschrieben:The 6 cameras are on a dynamically managed Ethernet network. Each user can select its preferred streams independently.

A motion detection feature triggers a video and an audio alert which can be turned on/off. The moving objects are indicated on the video stream.
Vermutlich habe ich in der Erinnerung die VMD-Funktion mit einer Sensorfusion von Tag- und Nachtsichtkamera verwechselt. Definitiv mit einer Möglichkeit zur Sensorfusion versehen ist die BAA eo des GMF Iveco - möglicherweise habe ich auch das durcheinandergebracht.

Ich schließe aber nicht aus, dass mit einem Softwareupgrade eine Sensorfusion möglich ist. Das dürfte aber technisch aufwändig sein:

ELMENREICH Wilfried: Dissertation. Sensor Fusion in Time-Triggered Systems ausgeführt zum Zwecke der Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der technischen Wissenschaften (Wien 2002), p. 17
Cooperative: A cooperative sensor network uses the information provided by two independent sensors to derive information that would not be available from the single sensors. An example for a cooperative sensor configuration is stereoscopic vision – by combining two-dimensional images from two cameras at slightly different viewpoints a three-dimensional image of the observed scene is derived. According to Brooks and Iyengar, cooperative sensor fusion is the most difficult to design, because the resulting data are sensitive to inaccuracies in all individual participating sensors [Bro98]. Thus, in contrast to competitive fusion, cooperative sensor fusion generally decreases accuracy and reliability.

Sensor S4 and S5 in figure 2.3 represent a cooperative configuration. Both sensors observe the same object, but the measurements are used to form an emerging view on object C that could not have been derived from the measurements of S4 or S5 alone.
https://mobile.aau.at/~welmenre/papers/ ... ystems.pdf

Die Formulierungen in der Rheinmetall-Aussendung verleiten geradezu zu Fehlinterpretationen ...
muck
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von muck »

theoderich hat geschrieben: Di 29. Jun 2021, 14:32
Konsolidierte Nachrüstung Schützenpanzer Puma
Wenn ich richtig gerechnet habe, schlägt der Puma nun also unterm Strich mit gut €23 Mio. pro Stück zu Buche. Zwar wird dieses Preisschild dadurch leicht relativiert, dass die neue Generation von Schützenpanzern insgesamt recht teuer zu sein scheint; Preise im niedrigen einstelligen Millionenbereich gehören definitiv der Vergangenheit an. Trotzdem: Wahnsinn.
Taer
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von Taer »

Hmm also ein CV90 war so die Jahrtausendwende bei 6-7 mio €.

Der Kodiak der Deutschen in 2021 bei 6,5 mio € (wobei da ein Leo2A4 beigestellt wird).

Ich persönlich denke, dass KMW und Rheinmetall sich da eine goldene Nase verdienen und wenn Konkurrenz aufkommt, lässt man mal den Preis etwas fallen, um sich den Markt zu sichern.
muck
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von muck »

Der CV90 ist freilich nicht gerade das Modernste auf dem Markt.

Australien bezahlt A$15 Milliarden (ca. €9,5 Milliarden) für seine 450 Lynx – wobei darin weitere Varianten enthalten sind, die den Preis nach oben treiben dürften. Ähnliche Stückkosten wurden für das US-amerikanische OMFV kolportiert, mag darin auch die Optionally Manned-Technologie zu Buche schlagen.

Damit ist der Puma immer noch deutlich überteuert, aber insgesamt würde ich annehmen, dass Fahrzeuge auf dem Stand der Zeit nicht mehr für unter zehn Millionen € zu haben sind. Ungarn bezahlt gut €9.2 Mio pro Lynx, allerdings fehlten hier Komponenten wie abstandsaktive Schutzsysteme, die eigens hinzugekauft werden.
theoderich
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von theoderich »

muck hat geschrieben: Mi 30. Jun 2021, 20:48Australien bezahlt A$15 Milliarden (ca. €9,5 Milliarden) für seine 450 Lynx
Beim Programm "Land 400 Phase 3" gibt es noch gar keinen Zuschlag.
da_mm
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von da_mm »

muck hat geschrieben: Mi 30. Jun 2021, 19:12 Wenn ich richtig gerechnet habe, schlägt der Puma nun also unterm Strich mit gut €23 Mio. pro Stück zu Buche. Zwar wird dieses Preisschild dadurch leicht relativiert, dass die neue Generation von Schützenpanzern insgesamt recht teuer zu sein scheint; Preise im niedrigen einstelligen Millionenbereich gehören definitiv der Vergangenheit an. Trotzdem: Wahnsinn.
Deine Rechnung ist falsch. Bezahlt wurden bisher (Stand Dezember 2020) 4,29 Mrd Euro für die Entwicklung und Beschaffung des Pumas in der Basiskonfiguration - also ca. 12,3 Millionen Euro pro Fahrzeug. Ursprünglich veranschlagt waren seitens des BMVgs in einer Recht optimistischen Schätzung erst 3,1 Mrd Euro, bei den Vertragsverhandlungen stieg der Preis dann auf 3,87 Mrd Euro.

Für die komplette Einsatzreife (die erst mit Ausbaustufe Puma S2 erreicht wird), schätzte das BMVg im Juni 2020 die Kosten auf ca. 5,989 Mrd Euro ein. Dieser Betrag wurde aber noch nicht komplett gezahlt und beinhaltet auch die nun vertraglich gereglte Aufrüstung auf den Rüststand Puma S1. Der Vertrag ist teurer geworden als erwartet, weswegen die erwarteten 5,989 Mrd Euro Kosten wahrscheinlich übertroffen werden (es sei den, die Aufrüstung auf den Rüststand Puma S2 erfolgt kostengünstiger als zuvor erwartet).


Der größte, einzelne Kostentreiber sind Zusatzforderung des BMVg bzw. des BAAINBw und der Bundeswehr, die in den ursprünglichen Planungen nicht vorgesehen waren. Laut Rüstungsbericht beziffern sie aktuell etwa 969 Millionen Euro (Stand Dezember 2020) und werden wahrscheinlich noch deutlich ansteigen (die Farbbildkameras, die Flachbildschirme, die neuen Software-Defined-Radios und das verbesserte Rundumsichtsystem mit Wärmebildkameras und Sensor-Fusion-Funktion sind einige Beispiele für Kostenpunkte, die in der ursprünglichen Planung des BMVgs nicht berücksichtigt waren, da damals keine entsprechenden Anforderungen seitens der Bundeswehr gestellt worden waren).


Ob man den Stückpreis ausrechnen kann, indem man das gesamte Vertragsvolumen durch die ausgelieferten Fahrzeuge teilt, ist auch fraglich - immerhin beinhalten die Rahmenverträge auch Sachen wie Ersatzteile, Ausbildungsgerät, Werkzeuge, Wartungsdienstleistungen etc.
muck
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Re: Bundeswehr: Schützenpanzer PUMA

Beitrag von muck »

da_mm hat geschrieben: Mi 30. Jun 2021, 21:11Für die komplette Einsatzreife (die erst mit Ausbaustufe Puma S2 erreicht wird), schätzte das BMVg im Juni 2020 die Kosten auf ca. 5,989 Mrd Euro ein.
Ist aber der jetzige Vertrag darin eingepreist? Denn die Zahl von ca. 6 Milliarden für 350 Stück tauchte bereits 2012 in den Medien auf. Ich hatte daher gerechnet Vertragspreis + kolportierter Preis für die Kampfwertsteigerung : Gesamtzahl = finanzielle Belastung pro Stück, also

(6.000.000.000 + 1.820.000.000) : 350
= 7.820.000.000 : 350
= 22.342.857

Wenn es bei insgesamt €5,989 Milliarden bliebe, wären wir also bei €17.11 Mio. pro Fahrzeug.
da_mm hat geschrieben: Mi 30. Jun 2021, 21:11Ob man den Stückpreis ausrechnen kann, indem man das gesamte Vertragsvolumen durch die ausgelieferten Fahrzeuge teilt, ist auch fraglich - immerhin beinhalten die Rahmenverträge auch Sachen wie Ersatzteile, Ausbildungsgerät, Werkzeuge, Wartungsdienstleistungen etc.
Es liegt nahe, dies zu tun, scheint mir, wenn die Zusatzleistung zum Betrieb des Geräts erforderlich ist. Systempreis ist wohl der gebräuchlichere und passendere Ausdruck. Ich meine, ich kann mir auch ein Auto ohne Reifen und Öl kaufen, aber nutzen kann ich es nicht.
theoderich hat geschrieben: Mi 30. Jun 2021, 21:08
muck hat geschrieben: Mi 30. Jun 2021, 20:48Australien bezahlt A$15 Milliarden (ca. €9,5 Milliarden) für seine 450 Lynx
Beim Programm "Land 400 Phase 3" gibt es noch gar keinen Zuschlag.
Stimmt, das war blöde formuliert.
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