Heer: Entscheidung über neue Hubschrauber naht
Landesverteidigung. Der italienische Helikopter Leonardo ist Favorit - auch wenn er die höchsten Betriebskosten aufweist.
VON MARTIN FRITZL
Wien. Während Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bei den Eurofightern eine Nachdenkpause verordnet hat, steht in einem anderen Bereich der Luftstreitkräfte eine Investitionsentscheidung bevor: bei den Hubschraubern. Aber auch da hakt es seit einiger Zeit: Im Verteidigungsministerium gibt es ebenso unterschiedliche Auffassungen, was angeschafft werden soll, wie zwischen Verteidigungs- und Finanzressort.
Der Grund für die Neubeschaffung: Für die 50 Jahre alten Alouette-Helikopter - das sind leichte Transporthubschrauber, die für Rettungs- und Grenzraumüberwachungsflüge eingesetzt werden - wird ein Nachfolger gesucht. Es geht dabei um eine der größeren Investitionen des Bundesheeres im Wert von 300 bis 400 Millionen Euro. Generalstabschef Robert Brieger hat erst im Juli per Aussendung festgehalten, dass entgegen anderslautender Gerüchte an dieser Beschaffung festgehalten weerde und dass bald eine Entscheidung vorliege. Im Jahr 2023 werde es eine neue zusätzliche Hubschrauberflotte geben, so Brieger damals.
In der engeren Wahl sind drei Geräte: der AW169 von Leonardo aus Italien, der H145 von Airbus und ein amerikanisches Produkt, der Bell 429. Nach den schlechten Erfahrungen mit dem Eurofighter-Kauf will das Verteidigungsressort diesmal einen anderen Weg gehen und die Hubschrauber im Zuge eines Government-to-Government-Geschäfts anschaffen: Österreich hat keine Ausschreibung gemacht, sondern bei sämtlichen Streitkräften der Europäischen Union sowie Kanadas angefragt, ob sie Hubschrauber abzugeben hätten.
Damit soll verhindert werden, dass Ähnliches passiert wie bei der Eurofighter-Anschaffung: der Auftritt von Lobbyisten, die versuchen, die Kaufentscheidung der Republik mit mehr oder minder lauteren Mitteln zu beeinflussen. Dieser Auftritt wurde dadurch natürlich nicht verhindert: Alle Hersteller versuchen, ihr Produkt in Position zu bringen. Für Leonardo ist eine Agentur mit guten Kontakten zur ÖVP am Werken, Bell veranstaltet heute, Donnerstag, eine eigene Präsentation seiner Hubschrauber in Bad Vöslau und hatte erst kürzlich ganz prominente Unterstützung: Der amerikanische Außenminister, Mike Pompeo, soll sich bei seinem Wien-Besuch Mitte August für das amerikanische Produkt stark gemacht haben.
Kein Einkauf bei Airbus?
Einzig Airbus hat es schwer: Verteidigungsministerin Tanner schaltet in dem Konflikt mit dem europäischen Hersteller auf hart und will aus dem Eurofighter-Vertrag aussteigen, ohne zu einer Verhandlungslösung mit Airbus bereit zu sein. In dieser Situation bei Airbus Hubschrauber einzukaufen, ist schwer denkbar, auch wenn das Innenministerium genau das schon gemacht hat. Bei einer normalen Beschaffung würde das keine große Rolle spielen, Airbus könnte ja trotz des Konflikts um die Eurofighter nicht aus dem Bieterverfahren ausgeschlossen werden. Bei einem Government-to-Government-Geschäft steht es der Regierung aber frei, bei welchem Staat sie einkauft und welches Gerät. Trotzdem soll sich Airbus weiter bemühen, Hubschrauber an das Bundesheer zu verkaufen.
Hohe Betriebskosten kein Hindernis
In der Favoritenrolle befindet sich aber der Leonardo, der über die italienische Armee angeschafft würde. Brieger soll sich in internen Papieren schon offiziell dafür ausgesprochen haben, 18 AW169 anzuschaffen. Gegenwind kommt aber vorerst aus dem Finanzministerium: Dort stößt man sich an den höheren Betriebskosten für das italienische Gerät: Die sind mit 451 Millionen Euro, gerechnet auf 20 Jahre, um 137 Millionen Euro teurer als beim Bell 429. Oder auf die Flugstunden umgerechnet: Eine Stunde Leonardo kostet rund 1100 Euro, eine Stunde Bell 450 Euro.
Der Grund dafür: Der Leonardo ist um einiges größer und schwerer. Das Airbus-Modell liegt übrigens in der Mitte. "Mit dem Bell 429 würde man die Alouette 1:1 ersetzen", sagt der Militärluftfahrt-Experte Georg Mader. Beim Leonardo habe man größere Transportkapazitäten. Die Frage sei: Brauche man diese auch bei jedem Flug? Maders Vermutung: Beim Bundesheer wolle man jetzt schon für die Zeit vorbauen, wenn in zehn Jahren in weiteres Hubschraubermodell, der Augusta Bell 212, ausgemustert wird. Man sehe dort die Gefahr, dass dieser Hubschrauber dann nicht nachbeschafft wird, mit dem Leonardo sei man jetzt schon dafür gerüstet.
Kein Eurofighter-Verkauf?
Bei den Eurofighter prüft das Ministerium unterdessen, wie ernst das indonesische Kaufangebot für die österreichischen Flugzeuge zu nehmen ist. Allzu groß dürften die Chancen allerdings nicht sein, die ungeliebten Flieger loszuwerden. Denn einerseits dürfte in Indonesien angesichts der ökonomischen Auswirkungen der Coronakrise die Bereitschaft, neues militärisches Gerät anzuschaffen, nicht mehr sehr groß sein. Und andererseits müssten so einem Geschäft auch die Herstellerländer, also auch Deutschland, zustimmen. Was im Fall von Indonesien aus Menschenrechtsgründen eher unwahrscheinlich ist.
https://www.diepresse.com/5865105/heer- ... auber-naht
Im Grunde die übliche faktenbefreite Kaffeesudleserei.