Die Berichterstattung der "Kleinen Zeitung" ist eine Frechheit:
185.000 Besucher | Bilanz der Airpower 2019 - und ist so eine Show heute noch zeitgemäß?
Insgesamt zählte man am Samstag 105.000 Besucher in Zeltweg, 80.000 waren es am Freitag. „Wir sind absolut zufrieden und danken allen Besuchern, die trotz Regen nach Zeltweg gekommen sind“, zieht Airpower-Projektleiter Arnold Staudacher ein versöhnliches Fazit. Die Rückmeldungen seien positiv: „Wir würden uns freuen, wenn wir die Airpower auch in Zukunft haben.“
Verteidigungsminister: „Nicht zulasten der Truppe“
Verteidigungsminister Thomas Starlinger betonte, dass Veranstaltungen wie die Airpower nicht zulasten der Truppe gehen dürften. Dies wäre heuer der Fall gewesen, weil die Flugschau nicht budgetiert war. „Wir haben jetzt rund 300.000 Euro, die durch Mehrdienstleistungen entstanden sind, der Truppe zurückgeführt“, so der Minister. Intern seien rund 1,4 Millionen Euro aus seinem Ressort, die für Öffentlichkeitsarbeit geplant gewesen waren, umgeschichtet worden.
Eindrücklich wies Starlinger auf die Dringlichkeit von Investitionen in die österreichische Luftraumüberwachung hin. „Es kann nicht sein, dass wir am Boden Zäune bauen und zehn Meter darüber ist uns unsere Neutralität und Souveränität gleichgültig.“
Ist eine Show wie die Airpower in der Klimakrise noch zeitgemäß?
Die Airpower 2019 in Zeltweg ist Geschichte, Flugzeuge haben Unmengen an Kerosin hinausgeblasen, Menschenmassen sind mit dem Auto angereist. Lässt sich so etwas in Zeiten des Klimawandels noch verantworten?
- Wer alle drei Jahre eine Flugshow macht, ist kein relevanter Klimasünder. Aber Ereignisse wie diese leisten einen Beitrag gegen die Landflucht. CO2-neutrale Aktivitäten sind leider weniger öffentlichkeits wirksam.
- Es ist wichtig, Emissionen aus nicht essenziellen Prozessen zu vermeiden. Zu diesen gehört auch die Airpower . Eine Waffenschau, die als Familienereignis propagiert wird, ist auch aus Sicht der Klimakrise nicht zeitgemäß.
Pro & Contra: Ist eine Show wie die Airpower in der Klimakrise noch zeitgemäß?
Pro: Michael Ranzmaier-Hausleitner, Tourismus am Spielberg: Wer alle drei Jahre eine Flugshow macht, ist kein relevanter Klimasünder. Aber Ereignisse wie diese leisten einen Beitrag gegen die Landflucht. CO2-neutrale Aktivitäten sind leider weniger öffentlichkeitswirksam.
„Die Airpower Zeltweg ist keine Modeveranstaltung und daher stellt sich für mich nicht die Frage, ob Ja oder Nein, sondern wie wir damit umgehen“
Michael Ranzmaier-Hausleitner, Tourismus am Spielberg
Die Airpower Zeltweg ist keine Modeveranstaltung und daher stellt sich für mich nicht die Frage, ob Ja oder Nein, sondern wie wir damit umgehen. Natürlich verstehe ich die Diskussion um Emissionen und Luftverschmutzung, gebe aber zu bedenken: Jeder Bürger hat in seinem Bereich Möglichkeiten, CO2 einzusparen und auf seinen „grünen Fußabdruck“ zu achten. Es ist amüsant, wenn manche die Airpower kritisieren und sich fragen, ob eine Flugshow, die alle drei Jahre stattfindet, sein darf oder nicht. Gleichzeitig haben oft dieselben Leute kein Problem, im Urlaub Flugzeug oder Kreuzfahrtschiffe zu nutzen.
Für uns ist die Airpower hauptsächlich Wirtschaftsfaktor, so wie alle Großveranstaltungen in der Region. Diese garantieren zahlreichen Menschen ihren Arbeitsplatz, und das hilft der Region, dass viele Einheimische nicht mehr täglich in den Großraum Graz auspendeln müssen. Somit werden mit dem Wirtschaftsfaktor Tourismus auch Maßnahmen gegen die Landflucht gesetzt. Denn was in dieser ökologischen Diskussion nicht berücksichtigt wird, ist, dass gerade ländliche Regionen nur mit starken Wirtschaftsthemen (ob Tourismus, Industrie oder eben Events) langfristig überleben können.
Wenn es keine Menschen mehr aufgrund von fehlenden Arbeitsplätzen und Zukunftsaussichten gibt, dann wird es auch keine Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen, der Wälder und der Natur geben. Ich weiß nicht, ob das das Ziel der Diskussion ist.
Auch wir Touristiker initiieren viele CO2-neutrale Aktivitäten - nicht umsonst haben wir ein Radknotensystem aufgebaut, das Gäste mit dem Rad problemlos durch die Gegend navigieren lässt. Das Projekt Spielberg hat der Region und den Tourismusbetrieben tausend Leihräder geschenkt, mit diesen können unsere Gäste die Region CO2-frei erkunden. Wir bieten viele spannende, umweltschonende Angebote, die von den Medien und der Öffentlichkeit viel weniger wahrgenommen werden als eine spektakuläre Show, in der es um Beschleunigung geht.
Wir setzen zwar auf Be-, aber eben auch stark auf Entschleunigung: 92 Gipfel mit über 2000 Höhenmetern, geführte Wanderungen, die Murtaler Wanderwoche, kleine und familiäre Skigebiete, Schneeschuh- und Blütenwanderungen und vieles mehr. Eine Airpower, die alle drei Jahre für zwei Tage stattfindet, zerstört nichts. Aber sie hilft uns enorm, dass Tausende Menschen diese traumhafte, schöne und lebenswerte Natur kennenlernen, mit der sie sonst nie in Berührung gekommen wären.
Contra: Helga Kromp-Kolb, Meteorologin und Klimaforscherin
„Eine Waffenschau, die als Familienereignis propagiert wird, ist auch aus Sicht der Klimakrise nicht zeitgemäß.“
Helga Kromp-Kolb, Klimaforscherin
Es ist wichtig, Emissionen aus nicht essenziellen Prozessen zu vermeiden. Zu diesen gehört auch die Airpower. Eine Waffenschau, die als Familienereignis propagiert wird, ist auch aus Sicht der Klimakrise nicht zeitgemäß.
Österreich hat sich durch Ratifizierung des Pariser Vertrages völkerrechtlich verbindlich verpflichtet, seinen Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele zu leisten. Das bedeutet konkret, dass die Treibhausgasemissionen in Österreich bis 2030 um mindestens 50 Prozent, bis 2050 um 90 bis 95 Prozent reduziert werden müssen. Das ist eine enorme Herausforderung, für die noch kein offizieller, hinreichend ambitionierter Plan für Österreich vorliegt. Auch die von den wahlwerbenden Parteien bisher vorgelegten Pläne sind noch nicht ausreichend. In jedem Fall sind bei manchen Emissionen rasche Einsparungen schwer oder nicht erzielbar. Umso wichtiger ist es, alle Emissionen aus nicht essenziellen Prozessen zu vermeiden. Zu diesen gehört jedenfalls auch die Airpower.
Dabei geht es nicht primär um die Emissionen der Flugzeuge des Bundesheeres, die möglicherweise auch ohne Airpower aus Übungsgründen anfielen, sondern um die der zusätzlichen Flüge und die der BesucherInnen, wie sie bei jeder Großveranstaltung durch An- und Abreisen anfallen.
Da stellt sich natürlich die Frage, ob man auch alle anderen Großveranstaltungen im Sport- und Kulturbetrieb abschaffen sollte. Tatsächlich ist das ein diskussionsbedürftiges Thema. Hier sei nur darauf hingewiesen, dass es sich bei der Airpower um einen besonderen Fall handelt: eine Waffenschau, die als Familienereignis propagiert wird. Österreich hat sich seit dem 2. Weltkrieg immer als Proponent des Friedens verstanden und sollte Kriegsgerät nicht zur Volksbelustigung vorführen. Im Übrigen sind Krieg und Klima eng verknüpft, als Beispiele seien nur der verheerende Krieg in Darfur oder der Bürgerkrieg in Syrien genannt. Ohne Klimaschutz wird es keinen Frieden geben und ohne Frieden keinen Klimaschutz. Daher ist auch aus Sicht der Klimakrise eine Waffenschau nicht zeitgemäß.
Schließlich stellt sich die Frage, ob der Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung der Region die Emissionen und das falsche Signal rechtfertigen. Wohl kaum. Die öffentlichen Mittel könnten wesentlich nachhaltigere Beschäftigung schaffen, wenn z. B. eine Gebäudesanierungs-Offensive finanziert würde, die in erster Linie lokalen Handwerkern zugutekäme, oder die erneuerbaren Energien ausgebaut würden, sodass die Mittel der Gemeinden nicht an die Lieferanten fossiler Energie abfließen. Ganz grundsätzlich verlangen auch die „Nachhaltigen Entwicklungsziele“ der UNO, dass wirtschaftliche und Umweltinteressen synergistisch verfolgt werden. Die Airpower entspricht dieser Forderung nicht.
https://www.kleinezeitung.at/steiermark ... -eine-Show
Airpower und Klimaschutz | Wir müssten Spiel- und Spaßtrieb auf naturverträgliche Amüsements umpolen. Wollen wir das? Können wir das?
Von Ernst Sittinger | 05.03 Uhr, 08. September 2019
Für manche kam es in dieser Klarheit unerwartet: Seit Beginn wird der Wahlkampf dominiert von frommen Vorsätzen zum Klimaschutz. Publikum und Kandidaten überbieten einander in Nachhaltigkeits-Nachrichten. Man tauscht Schnitzel gegen Müsli, wütet im Netz gegen ungarische Import-Äpfel und gelobt Österreichs immerwährende CO2-Neutralität. Die „Fridays for Future“-Jugend kehrt soeben in ihre Schulklassen (und wohl auch auf die Straßen) zurück - selbstverständlich mit minimalem Fußabdruck.
Rührige Senioren veranstalten „Tage der Schöpfung“: Sie wollen anstelle des bösen, weil rein ökonomischen Bruttosozialprodukts einen „Weisheits-Indikator“ etablieren. Selbst die EU verbietet immer öfter irgendwelche zu kräftigen Staubsauger. Nun soll es sogar den Plastiksackerln an den Kragen gehen. Und „Welt-Erschöpfungstag“ war auch schon längst.
Aber: An einem großteils regenverhangenen Wochenende pilgern 200.000 begeisterte Zuschauer, meist fossil individualmotorisiert, zur Airpower-Flugschau in die Obersteiermark. Sie stehen stundenlang im Stau, um bei Lärm und Gestank einer kultigen Retro-Leistungsschau der fliegenden Kerosinbrüder beizuwohnen.
Was ist da los? Um nicht missverstanden zu werden: Es geht hier keinesfalls um Öko-Moralismus. Die Piloten vollbringen imposante Kunststücke. Unsere Bewunderung für ihr außergewöhnliches Können im Kraftfeld von Gravitation und Aerodynamik ist ihnen sicher. Auch lebt die Menschheit fraglos von Vorbildern, die mit Mut und Können andere anspornen. Und Volksfeste sind sowieso allzeit willkommen, ökonomisch und psychologisch.
Aus diesen und vielen anderen Gründen begleiten auch wir in dieser Zeitung das internationale Großereignis mit positivem Blick. Denn wir sind ja nicht die humorlosen Alleinerzieher der Nation, sondern verstehen uns als Resonanzraum für eine mitunter sehr widersprüchliche Gesellschaft.
Nur: Wer ist denn dann eigentlich der Erzieher? Wer wird uns die angeblich ersehnte, jedenfalls dringend notwendige Erlösung aus unseren exorbitanten Ressourcen- und Klimasünden bringen? Die Politik? Wohl kaum. In der Demokratie steht das Volk ganz oben. Die „Volksvertreter“ können nicht vertreten, was in der Wählerschaft nicht vorhanden ist.
Wir selber müssten uns also zu mehr Konsequenz und Disziplin in Klimafragen hinreißen lassen. Zur Dominanz des Sollens über das Wollen. Mithin zu Luxus- und Lustverzicht. Keine erfreuliche Aussicht.
Oder wir schaffen es, unseren Brot-und-Spiele-Modus hinüberzuretten in die neue Zeit der „Formel eins der Elektroautos“ und anderer sauertöpfischer Randsportphänomene. Dazu müsste es aber viel stärker gelingen, den Spiel- und Spaßtrieb auf naturverträgliche Amüsements umzupolen. Geht das? Wollen wir das? Können wir das? Oder lassen wir dann doch lieber die Bordkapelle bis zum Untergang spielen?
https://www.kleinezeitung.at/meinung/56 ... strieb-auf