Ready to go?
Vorbereitungen für den Tschad-Einsatz
Die Vorbereitungen für den umstrittenen Tschad-Einsatz des Österreichischen Bundesheeres laufen auf Hochtouren. Doppeladler.com schaute im Zentrum für Einsatzvorbereitung in Götzendorf dem österreichischen Kontingent, AUCON 1/EUFOR TCHAD CAR, über die Schulter.
 



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Die EUFOR TCHAD CAR ist eine multinationale europäische Streitmacht unter irischem Kommando. Sie soll gemäß UNO-Resolution 1778 in den an das westsudanesische Krisengebiet Darfur angrenzenden Staaten, im Tschad und in der Zentralafrikanische Republik für den Schutz der Flüchtlinge sorgen und es den internationalen Hilfsorganisationen und der UNO ermöglichen, ihre humanitäre Mission zu erfüllen. Das Mandat für den Einsatz gilt bis
30. Juni 2008. Nach spätestens einem Jahr soll die EUFOR durch UNO-Truppen abgelöst werden.

Das österreichische Kontingent AUCON 1 besteht aus insgesamt 160 Mann, die sich wie folgt zusammensetzen:
Offiziere in den Hauptquartieren in Paris und im Tschad
Ärzte und Sanitäter,
Führungselement zur Sicherstellung der Verbindungen
Logistik- und Aufklärungselemente
sowie Spezialeinsatzkräfte des Jagdkommandos

Für den Lageraufbau stehen kurzfristig 50 weitere Soldaten zur Verfügung. Die Motivation ist groß - bis 23.11.2007 gab es 593 freiwillige Meldungen für diesen Einsatz.
Die Österreicher werden in N'Djamena und Abéché stationiert und werden für ein gutes Stück der 1.360 km langen Grenze zum Sudan verantwortlich sein.
 
Info-Box: Der Darfur-Konflikt
Seit 2003 kämpfen in der westsudanesischen Provinz Darfur schwarzafrikanische Rebellentruppen für Mitbestimmung und vor allem gegen die Arabisierungsbestrebungen der Zentralregierung in Khartum. Die sudanesische Regierung setzt im Kampf gegen die Rebellen auf arabischstämmige Reitermilizen, die bei Ihren Einsätzen keine Rücksicht auf die Zivilbevölkerung nehmen.
Nach internationalen Schätzungen sind in diesem Konflikt bereits mehr als 200.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahl der Binnenvertriebenen soll bei etwa 2,2 Millionen liegen. Etwa 232.000 schwarzafrikanische Sudanesen sind in das Nachbarland Tschad geflüchtet, etwa 48.000 weitere in die Zentralafrikanische Republik.
Die Flüchtlinge sind jedoch auch in den Nachbarländern vor Angriffen der Reitermilizen nicht sicher.
Auch im Tschad selbst herrscht Bürgerkrieg und die Streitkräfte des Landes sind im Kampf gegen die Rebellen im eigenen Land gebunden. Zu den Flüchtlingen aus Darfur kommen mittlerweile etwa 140.000 Binnenvertriebene aus dem Tschad selbst.
 
 
 
Zentrum für Einsatzvorbereitung, 23.11.2007
Verteidigungsminister Darabos übergibt das Kommando der Tschad-Mission an den Kontingents-
kommandanten Oberst Heinz Assmann.
Ausgerechnet das Österreichische Bundesheer besitzt seit kurzem eine der modernsten Wüstenuniformen der Welt. Die Uniformen sind sogar mit Langzeit-
Insektenschutzmittel imprägniert worden.
Der Kampfanzug 03 für Afrika. Jeder Soldat wird neben der Splitterschutzweste auch mit einer Kugelschutzweste ausgerüstet (links), die natürlich nur bei Bedarf angelegt wird..
 
Im Einsatzgebiet werden zahlreiche Minenarten und Blindgänger vermutet. Daher bildet die Minenunfallverhütung einen Ausbildungs-
schwerpunkt. Jeder Trupp wird im Tschad mit einem Minendetektor wie dem abgebildeten Gerät von Schiebel ausgestattet.
Minensuche mit dem Kampfmesser gehört zum Grundhandwerk eines Peacekeepers.
Etwa 30 Grad ist der optimale Winkel. Mit der Spraydose werden jene "Trittkacheln" markiert, die minenfrei sind.
Im Zentrum für Einsatzvorbereitung werden die Soldaten mit Rollenspielen auf den Tschad vorbereitet. Hier wird das richtige Verhalten bei einem Besuch in einem Dorf nachgestellt.
Der Schneehafen lässt jedoch kaum Wüstenstimmung aufkommen.
Die Einsatzfahrzeuge werden derzeit für den Tschad adaptiert. Geübt wird deshalb noch "Fahrzeugen von der Stange".
Die Jagdkommando-Soldaten warten außerhalb des Dorfes, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Von den Flüchtlingen und Dorfbewohnern geht im Tschad aller Voraussicht nach keine Gefahr aus.
Bei der Kontaktaufnahme tragen der Kommandant, seine Begleitung und der Übersetzer ganz bewusst keinen Helm und kein Gewehr.
Geübt wird der richtige Umgang mit den Einheimischen und Flüchtlingen, damit die Österreicher rasch ein gutes Verhältnis mit den Menschen, die sie schützen sollen, aufbauen können.
Auch der richtige Umgang mit Wachhunden will gelernt sein.
Mit aufgesetztem Beisskorb dient der JaKdo-Hund nicht nur zur Abschreckung, sondern stoppt auf Befehl jeden Verdächtigen, ohne ihm Verletzungen zuzufügen.
Der Hund beschäftigt den Eindringling bis zum Eintreffen seines Hundeführers.

Ein großer Teil der Einsatzvorbereitung findet im Hörsaal statt. Länderkunde, Auftrag der EUFOR, Rules of Engagement, rechtliche Grundlagen, etc.
Auch ein französischer Offizier mit Tschad-Erfahrung gibt hier in Götzendorf Unterricht.

Spezialeinsatzkräfte sind rasch verlegbar, vorsorglich geimpft und können weitgehend autark operieren. Sie erreichen mit geringer Mannstärke große Wirkung. Daher sind es die Spezialeinsatz-
kräfte, die zunächst die Grenzsicherung übernehmen, bevor sie von regulären Einheiten abgelöst werden können.
Österreich wird mit dem ersten Kontingent 51 Mann des Jagdkommandos entsenden. Links ist ein Teil der topmodernen Bewaffnung der Soldaten zu sehen - das eben erst eingeführte StG-77 A2 Commando von Steyr Mannlicher und die Maschinenpistole P90 von FN Herstal.
Das neue 5,56mm Sturmgewehr StG-77 A2 Commando mit Laserzielgerät.
 
Seltsame Dinge findet man dieser Tage im Zentrum Einsatzvorbereitung - z.B. diese Tafel, die unweit des Übungs-
geländes in einem Schneehaufen steckt.


















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Fazit: Im Zentrum Einsatzvorbereitung tut man wirklich alles, was in der kurzen Zeit an Vorbereitung für den Tschad-Einsatz möglich ist. Neben dem Auffrischen des bereits erlernten - Umgang mit Waffen, Selbst- und Kameradenhilfe etc. - legt man viel Wert auf eine einsatzspezifische Schulung, die bis hin zum Benimmunterricht reicht. Da das Bundesheer zwar über Afrika- und Wüstenerfahrung verfügt (bereits der erste Auslandseinsatz ging in den Kongo), aber wenig von der derzeitigen Situation im Tschad weiß, ist Einbindung von französischen Know-How ein kluger Entschluss.
Die Uniformen und die Ausrüstung am Mann sind durchwegs zeitgemäß und sollten den Anforderungen entsprechen.
Die für den Einsatz modifizierten Fahrzeuge wurden nicht präsentiert, umgebaute Puch G können jedoch nur über geringes Schutzpotential verfügen, was insbesondere durch die Minenbedrohung im Einsatzgebiet ein Problem darstellen könnte.
Die größte Ausrüstungslücke der gesamten EUFOR CHAD CAR besteht sicherlich im Bereich des Lufttransports - sowohl was den Transport in den Tschad betrifft, als auch bei der Lufttransportkapazität im Tschad selbst (Hubschrauber).

Wir wünschen dem österreichischen Kontingent der EUFOR CHAD CAR viel Erfolg bei der im Inland zwar umstrittenen, aber angesichts der dortigen humanitären Lage absolut notwendigen Mission und eine gesunde Heimkehr.
 

 
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