Northrop F-5E Tiger II -
die Übergangslösung

Die österreichischen F-5E Tiger II behielten ihre schweizer Kennung, in diesem Fall J-3065 und J-3033, fliegen aber unter österreich-ischen Hoheitsabzeichen.
© Georg Mader
Da die Nachfolgeregelung für den Saab Draken von der Politik nicht rechtzeitig in Angriff genommen wurde, musste für die Zeit nach der Außerdienststellung des Draken und vor der Einsatzbereitschaft des Eurofighter Typhoon eine Übergangslösung gefunden werden.
Man entschied sich für die Anmietung von
12 Northrop F-5E Tiger II der Schweizer Luftwaffe.
 
Mit 1. Juli 2005 übernahmen die F-5E Tiger II vollständig die aktive Luftraumüberwachung über Österreich und lösten damit die letzten noch flugfähigen Saab Draken im Tagesgeschäft ab. 
Etwa ein Jahr zuvor, am 9. Juli 2004, wurden im Rahmen einer kleinen Feier die ersten vier Tiger bei den österreichischen Luftstreitkräften offiziell in Dienst gestellt. Zwei Tage zuvor wurden die Maschinen von österreichischen Piloten aus Emmen (Schweiz) auf den Fliegerhorst in Graz-Thalerhof überstellt. Sie führten zu diesem Zeitpunkt bereits die österreichischen Hoheitsabzeichen.
 

J-3057
© Georg Mader
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die J-3005
auf dem Weg zur Startbahn.
© Andreas Weber
das Paket.
Nur genau 4 Monate vor der Indienststellung der ersten Maschinen, am 9. März 2004, präsentierte Verteidigungsminister Platter die Übergangslösung.
Es wurden 12 einsitzige F-5E der Schweizer Luftwaffe für vier Jahre, also bis Ende Juni 2008, angemietet.
In diesen Zeitraum fielen Kosten in der Höhe von insgesamt rund 70 Mio. Euro an.
Dieser Betrag beinhaltete die Mietraten (je 4,4 Mio. Euro) sowie die Kosten für die Umschulung der Piloten und Techniker, die Wartung in der Schweiz, die Materialerhaltung und Logistik, die Bewaffnung, die notwendige Dokumentation und sämtliche Steuern und Abgaben - ja sogar die Treibstoffkosten waren bereits eingerechnet!
Die Schweizer Luftwaffe verlangte etwa 56 Mio. Euro für ihre Leistungen.
Die Wartung wird zum überwiegenden Teil in der benachbarten Schweiz bei der RUAG in Emmen durchgeführt. In Österreich fällt im Wesentlichen nur die Flugvorbereitung und -nachbereitung an.
Falls bei der Einführung des Typhoon Probleme auftreten würden, hätte der Vertrag bis 2006 um einige Monate verlängert werden können.
Bis Jahresende 2005 überwachten Tiger und Drachen gemeinsam unseren Luftraum. © Bundesheer
 
  Da es sich bei der Tiger um ein US Rüstungsgut handelt, musste der Deal vom
US Krongress abgesegnet werden.
Bereits am Tag nach der Freigabe begann die Ausbildung in der Schweiz.
 


Wer hätte sich auf der Flugshow Airpower03 in Zeltweg wohl gedacht, dass die F-5E Tiger II - eindrucks-voll vorgeführt von der Kunstflugformation Patrouille Suisse (links) - einmal in Österreich in Dienst gestellt wird. Die Patrouille Suisse ist die Kunstflugstaffel der Schweizer Luftwaffe.
Seit 1995 fliegt sie die
F-5E Tiger II.

© Patrouille Suisse

Tiger-Crash-Kurs in der Schweiz.
Teil der Vereinbarung mit der Schweizer Luftwaffe war die Umschulung von österreichischen Piloten und Technikern auf die F-5E. Unter dem Projektnamen "Aquila" wurden 4wöchige Schnellkurse absolviert, bei denen das Notwenigste erlernt werden konnte, um den Tiger effizient und sicher einsetzen zu können - inklusive Notfallprozeduren wie das Fliegen mit nur einem Triebwerk.
Die ersten Techniker und vier Piloten starteten am 14. Juni mit ihrer Umschulung am schweizer Fliegerhorst in Dübendorf.
In der ersten Woche stand Unterricht in Theorie und über das Gesamtsystem am Programm. Man machte sich mit dem Cockpit vertraut und startete mit Einweisungsflügen. In der zweiten Woche folgte die theoretische Einweisung ins Radar und Schulungsflüge in der zweisitzigen F-5F Tiger II sowie Start- und Landetraining, Verbands- und Soloflüge. Woche drei sah taktisches Flugtraining mit Abfangjagd und Luftkampf eins gegen eins vor. In der vierten Woche folgte intensiviertes Training als Verbandsführer und im Luftkampf zwei gegen zwei. Natürlich wird in der Schweiz auch das Scharfschießen mit Bordkanonen geübt.
Diese enorm komprimierte und dennoch reibungslose Form der Ausbildung spricht für die Professionalität der Österreicher und natürlich auch für ihre schweizer Ausbildner.

 
  die Northrop F-5E Tiger II in Österreich.

die J-3033 rollt zur Startbahn. Die Aufnahme enstand in Emmen (CH) am Tag der Übernahme durch die österreichischen Luftstreit-kräfte.
© Andreas Weber
Die übernommenen Maschinen haben jeweils etwa 1800 bis 2400 Flugstunden absolviert. Als Luftraumüberwachungsflugzeuge wurden die Tiger dem Überwachungsgeschwader zugeteilt.
Die Maschinen wurden bei der 2. Staffel in Graz-Thalerhof stationiert. Die Draken wurden zu jenem Zeitpunkt am Fliegerhorst Zeltweg zusammengezogen.
Das bisherige Staffelgefüge wird in der Übergangszeit gelockert. Die Tiger-Piloten setzen sich nämlich aus Draken und Saab 105 Piloten zusammen. Letztere haben nach 1997 nun endlich wieder die Möglichkeit, in einen Überschall-Jet zu wechseln.

In der kurzen Dienstzeit der Tiger in Österreich fallen einige wichtige zusätzliche Aufgaben an. So übernimmt Österreich im Jahr 2006 die EU Ratspräsidentschaft und 2008 findet in Österreich und der Schweiz die Fußball-Europameisterschaft statt, das drittgrößte Sportereignis der Welt.
 

J-3065 nach der Modifikation
am 14. Februar 2006.
© Paul Bernhard
Die Modifikationen der Leihmaschinen für den Dienst bei den österreichischen Luftstreit-kräften beschränken sich neben den "Pinselarbeiten" auf:
Einbau eines ILS-Empfängers (Instrumentenlandesystem). Außen sichtbar durch die Antenne am Seitenleitwerk (1).
Einbau einer VHF-Funkanlage. Außen sichtbar durch die von den schweizer F-18 übernommenen größeren Funkantennen (2)
Einbau eines Satellitennavigationsgerätes Garmin GPSMAP 295 (wie es auch im Draken und der Saab 105 zu finden war/ist)
Am Zusatztank wurde die Aufschrift "CALL 121,5 MHz" angebracht, um abgefangenen Flugzeugen die Frequenz anzuzeigen, auf der sie sich melden müssen (3).


J-3033 frisch nach dem Umlackieren, einige Details und die technischen Umbauten fehlen noch.

© Christian Waser
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  Technische Daten Northrop F-5E Tiger II
Typ einsitziges Jagdflugzeug für den Raumschutz / Abfangjäger
Hersteller Northrop Corporation, Hawthonre, California, USA (heute Northrop Grumman)
Endmontage Eidgenössisches Flugzeugwerk Emmen (Schweiz, heute RUAG)
Abmessungen Länge: 14,68 m / Spannweite: 8,13 m / Höhe: 4,06 m / Flügelfläche: 17,28 m²
Leermasse 4.760 kg
max. Startgewicht 11.900 kg
Triebwerke 2x General Electric J85-GE-21A mit je 1.592kg/15,6kN Schub (je 2.273kg/22,3kN mit Nachbrenner)
Höchstgeschwindigkeit 1.700 km/h bzw. Mach 1,64 in 10.000 m
Mach 1 in Bodennähe
Schub / Gewichtsverhältnis 0,63 bzw. 0,74
Steigfähigkeit 174 m/s
Aktionsradius bis etwa 1.000 km (5min Luftkampf mit Nachbrennern, nur interner Treibstoff, 2x Sidewinder-Raketen, Reserve von 20min)
Dienstgipfelhöhe etwa 15.590 m
Pistenerfordernis Startbahn: >610m / Landebahn: etwa 1700m (910 mit Bremsfallschrim)
Radaranlage / Feuerleitung Emerson-Electric AN/APQ-159(V) (8-20 GHz) Leichtgewicht-I/J-Band Radar für Luftzielsuche und Feuerleitung. Reichweite: etwa 37km (bis über 70km Zielsuche)
Computergestützte optische Visiereinrichtung AN/ASG-31 für Lenkwaffen und Bordkanonen
Ausstattung Schleudersitz, Druckkabine, Einziehfahrwerk, Landebremsschirm, Nasen- und Hinterkantenklappen, Luftbremsen, EKF-Ausrüstung, Täuschkörperanlage (Chaff und Flare), GPS-Satellitennavigation
Bewaffnung 2 x 20 mm M39A2 Bordkanonen (Colt-Browning) mit insgesamt 560 Schuss.
2x AIM-9P5 Sidewinder an den Tragflächenenden.
bis zu 3,175 kg Außenlasten.
die F-5E Tiger II
Betreiberstaaten
(nur F-5E/F-Version)
Bahrain, Brasilien, Chile, Honduras, Indonesien, Iran, Jordanien, Kenia, Malaysia, Mexiko, Marokko, Saudi Arabia, Singapur, Südkorea, Sudan, Schweiz, Taiwan, Thailand, Tunesien, USA, Venezuela, Jemen - und nun auch Österreich.

die J-3065 in Emmen.

© Andreas Weber
 
einige wichtige Fragen.

Warum eine Übergangslösung?


Der Betrieb der Saab Draken kann nicht bis zum Eintreffen der Eurofighter Taifun aufrecht erhalten werden. Gerne wird vergessen, dass bereits der Draken nur eine Übergangslösung hätte sein sollen. Nach nur 10jähriger Dienstzeit hätte er Mitte der 90er Jahre durch einen moderneren Typ abgelöst werden sollen, doch die damalige Bundesregierung (SPÖ-ÖVP) blieb untätig.
Bereits als im Jahr 2000 der damalige Verteidigungsminister Scheibner erste Angebote für ein neuen Abfangjäger einholte war den Experten klar, dass eine Lücke entstehen musste. Diese Lücke wuchs durch die Regierungskrise 2002, die Neuwahlen und der parlamentarischen Verzögerung der Draken-Nachfolge weiter an.
Eine Übergangslösung war auch Bestandteil der Ausschreibung für ein neues Luftraumüberwachungsflugzeug, doch keiner der Anbieter konnte eine ausschreibungsgemäße Zwischenlösung anbieten. Die Übergangslösung wurde daraufhin bei der Ausschreibung bewusst ausgeklammert.
Nicht richtg ist, dass die Eurofighter GmbH nicht auch früher hätte liefern können. Ab 2005 hätten Eurofighter der 1. Tranche angeliefert werden können. Der Liefertermin 2007 resultierte aus Verzögerungen von österreichischer Seite und dem Wunsch, Maschinen aus der
2. Tranche zu erwerben.
Auch die beiden im Kampf um die Drakennachfolge unterlegenen Anbieter (BAE/Saab, Lockheed Martin) hätten nach der notwendig gewordenen Angebotsverlängerung die Liefertermine noch halten können.
 

eine bewaffnete Rotte.
© Georg Mader
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Warum F-5E Tiger II aus der Schweiz?


1. die Verfügbarkeit: Die Schweiz bot 47 Flugzeuge des Typs F-5E Tiger offiziell zum Kauf an. Sie konnte die ersten Maschinen noch im Juli 2004 bereitstellen, die Draken konnten bereits kurz darauf schrittweise außer Dienst gestellt werden.
2. der Kostenfaktor: Die Maschinen bleiben im Eigentum der Schweizer Luftwaffe. Es fallen in den vier Jahren "all-inclusive" Mietkosten in der Höhe von rund 70 Mio Euro an. Die 4jährige Miete eines Jets kostet 4,4 Mio. Euro.
Zum Vergleich: Für den weiteren Betrieb der Draken hätte es ein Angebot der schwedischen Industrie gegeben, das laut dem Kommandanten der Luftstreitkräfte, Generalmajor Erich Wolf, zu Gesamtkosten von 110 Millionen Euro für vier Jahre geführt hätte.
Auch das Anmieten von Eurofighter Taifun von Großbritannien und Deutschland wäre wesentlich teurer gekommen - bis über 250 Mio. Euro!
3. die operationellen Vorteile: Da Draken und Tiger beide aus der
2. Generation von strahlgetriebenen Kampfflugzeugen stammen, ist der Umstieg auf den Tiger relativ einfach. Ein Draken-Pilot etwa beherrscht den Tiger nach 4 Wochen vollkommen.
Zudem kann theoretisch bis etwa 2010 die gesamte Betreuung des Flugzeugtyps durch die nahegelegenen Fliegerwerften der Schweizer Luftwaffe übernommen werden. In Österreich würde fast ausschließlich die Flugvorbereitung und -nachbereitung anfallen. Das spart den Aufbau einer eigenen Wartungslogistik, technisches Personal und aufwendige Schulungen. Die österreichischen Techniker können sich bereits auf den Eurofighter Taifun vorbereiten.
 

die vier Tiger der 1. Tranche auf ihrem Überstellungsflug über Österreich. Gut zu erkennen sind die oben abgeflachten Nasen, die gegenüber der früheren runden Konstruktion der Nase die Flugeigenschaften verbessert haben.
© Georg Mader
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Sind die F-5E Tiger II nicht genau so alt wie die Draken?


Nein. Die Schweizer F-5E Tiger II wurden von 1978 bis 1984 in Dienst gestellt. Die Draken, die das Bundesheer heute betreibt, wurden bereits Anfang der 1960er Jahre gebaut. Der Schweizer F-5 Flotte befindet sich in einem ausgezeichneten Zustand. Die F-5E wurde noch bis 1987 produziert und wird von mehreren Luftwaffen noch bis weit über das Jahr 2010 hinaus betrieben. Derzeit betreiben 20 Luftwaffen den Tiger - der Draken flog damals nur noch in Österreich.

Wurde die F-5E nicht 1985 aufgrund schlechterer Leistung bei der Beschaffung neuer Abfangjäger ausgeschieden?

Richtig ist, dass die SPÖ/FPÖ-Regierung unter Fred Sinowatz 1984/1985 sich für den Saab Draken entschieden hat. Man legte sich auf ein möglichst kostengünstiges gebrauchtes Flugzeug fest und somit schied die damals von der ÖVP favorisierte F-5E aus. Weitere Gründe für die Zurückstufung: kein Festpreisangebot in Schilling und der Vertrag war nicht nach österr. Recht angeboten worden. Es ging also "nur" um Formalgründe und um das liebe Geld und nicht um unzureichende Leistungen.
Im Rennen blieben die Draken aus dem neutralen und roten Schweden und die ebenfalls gebrauchten britischen English Electric/BAC "Lightning" aus Saudi Arabien. Die Lightning war übrigens damals das günstigere Angebot.
Zur damaligen Ausschreibung äußerte sich jüngst RH Präsident Franz Fiedler in einem Gewinn über den Eurofighter (März 2004): "..., wir konnten - im Unterschied zur damaligen Draken-Anschaffung - diesmal ein gutes Zeugnis ausstellen."
 


eines der ersten Bilder, die von einem österreichischen Tiger gemacht wurden zeigt
J-3033 in Emmen in der Schweiz.
© Kdo LuSK/Bundesheer
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© Andreas Weber
Abflug nach Graz. Das Bugfahrwerk ist voll ausgefahren, die beiden Tiger beschleunigen.
 
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NORTHROP F-5E TIGER II

 

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