Die Vernichtung des italienischen Luftschiffes Cittá di Ferrara.

 

8. Juni 1915 - Die Cittá di Ferrara ist das erste Luftschiff, dass von den Mittelmächten im
1. Weltkrieg abgeschossen wird.
Diesen besonderen Luftsieg erringen Linienschiffsleutnant Gustav Klasing (Pilot) und Fregattenleutnant Johann Fritsch von Cronewald (Beobachter) mit dem Flugboot L48 der k.u.k. Kriegsmarine.

Nur etwa 24 Stunden zuvor wurde überhaupt erstmals ein Luftschiff in der Luft zerstört. Mehr dazu später.

 
  der Luftkampf

auf Postkarten wurden die Lohner-Flugboote und das Luftschiff meist falsch dargestellt.

Außerdem brennt oft das Heck und nicht der Bug.



die Leuchtpistole Modell 04. Kaliber 26,5 mm.
Am 8. Juni 1915 um 3 Uhr früh bombardiert das italienische Luftschiff Cittá di Ferrara, unter dem Kommando von Linienschiffsleutnant Castruccio Castracane, die Ganz & Co Werftanlagen in Fiume.
Der Angriff fordert ein Opfer und verursacht ansonsten nur geringe Schäden.
Kurz darauf wird es, von Norden her kommend, über Veglia gesichtet. Klasing und Fritsch besteigen auf der Seefliegerstation Pola das Flugboot L48, um das Luftschiff abzufangen und zu stellen.
Um 5.15 Uhr kommt die Cittá di Ferrara über der Insel Asinello in Sichtweite und wird sofort unter Feuer genommen. Das Luftschiff versucht sich dem Maschinengewehrfeuer durch Aufsteigen und Ausweichmanöver zu entziehen, doch Klasing kann die Entfernung weiter verringern. Nachdem die gesamte MG-Munition wirkungslos verbraucht war, beginnt man mit zwei Karabinern speziell dafür entwickelte Ballonpatronen auf das Luftschiff zu feuern. Als sich schließlich der Abstand zum Gegner auf etwa 100 Meter verringert, wird auch noch mit der Leuchtpistole das Feuer eröffnet.
Die Signalpatronen zeigen nun endlich die gewünschte Wirkung. Eine Patrone bleibt am Bug brennend liegen und setzt die Hülle in Brand. Die Cittá di Ferrara geht zu Wasser. Der Kommandant, ein Offizier und 5 Mann können bereits kurz darauf vom k.u.k. Torpedoboot 4 gerettet und unverletzt gefangen genommen werden - zwei Besatzungsmitglieder sind gefallen.


die heutigen Namen:

Pola > Pula
Hauptkriegshafen und Stützpunkt von L48
Fiume > Rijeka
Angriffsziel der Ferrara
Zara > Zadar

L.Cherso > Cres
L.Veglia > Krk

 


 


8. Juni 1915.
das k.u.k. Seeflugzeug L48
landet nach dem Abschuss
der Cittá di Ferrara sicher
in Pola.

Seitenriss von
S.M. Torpedoboot 4, das als
erste Einheit zur Absturzstelle gelangte und die Besatzung
der Cittá di Ferrara aufnahm.


  Kurz nach dem Abschuss schrieb Fregattenleutnant Fritsch an seinen Bruder:
 
"Dienstag ist mir die "Citta di Ferrara" unter meine Hände gekommen, wie Du weißt ist sie ja immer davon gekommen. Hatte natürlich eine Riesenfreude, denn es war wirklich schön so was großes greifbares, das uns ja schon ein paar mal angegriffen hat, zusammen zu schießen; zum Schluß hat die Bestie gebrannt und dann war sie bald weg. Da hab ich wohl ein Mordsgebrüll angestimmt, bei meiner Ankunft war ich dann ganz heiser, es war wirklich tadellos."
 
Das Wrack der Cittá di Ferrara wurde von der k.u.k. Kriegsmarine geborgen - noch heute befinden sich Teile des Luftschiffes im Kriegsarchiv.
LschLt. Klasing wurde für diese Aktion mit den Orden der Eisernen Krone 3. Klasse ausgezeichnet.
 
  die Cittá di Ferrara
  Die Cittá di Ferrara war ein italienisches Luftschiff der Klasse M. Sie war das zweite von acht Luftschiffen, die bei Forianini zu Beginn des 1. Weltkrieges gebaut wurden und trug deshalb auch die Bezeichnung M-2.
Ihr damaliger Kommandant war Tenente di Vascello Castruccio Castracane, der unter seinen Kameraden als echter Gentleman bekannt war.
Der Operationsstützpunkt war zu jener Zeit Pondenone in Italien.
ein Luftschiff von Forianini.


der Erfolg über das italienische Luftschiff war
Vorbild für zahlreiche Postkarten.
Bekannte Begegnungen der Cittá di Ferrara mit k.u.k. Streitkräften:
Am 24. Mai 1915 wird die Cittá di Ferrara von SMS Velebit in Ancona beschossen. Ziele dieses Angriffes waren eigentlich die dortigen Hafeneinrichtungen und Schiffe.
Ebenfalls am 24. Mai 1915 soll sie auch um 5.00 Uhr früh über Pola erschienen sein. Sie wird von SMS Habsburg, SMS Arpad und der SMS Tegetthoff mit Schnellfeuerkanonen beschossen. Als Seeflugzeuge aufsteigen dreht das Luftschiff rasch ab. Wegen Treibstoffmangels muss die Verfolgung abgebrochen werden. - vermutlich handelte es sich aber nicht um die Ferrara, sondern um die Cittá di Jesi.
Am 27. Mai 1915 wird die Cittá di Ferrara über Sebenico beschossen. Kurz darauf bombardiert sie einen Dampfer im Prokljansee (Albanien). Die Flugboote erreichen sie nicht rechtzeitig und so kann sie diesmal noch ihren Heimathafen erreichen.

 

Wenn Sie mehr Einzelheiten über die Cittá di Ferrara wissen, dann würde ich mich sehr über ein Mail von Ihnen freuen! Danke!
   

  LschLt. Gustav Klasing
Gustav Klasing wurde am 10.03.1884 in Triest geboren. 1902 trat er als Seeaspirant in die k.u.k. Kriegsmarine ein.
Als Seekadett diente er auf SMS Radetzky, Monarch, Custoza und Tegetthoff - als Signalkadett auf der SMS St. Georg.
Er absolvierte den Offiziers-Torpedokurs und kam auf die S.M. Torpedoboote Bussard und Krake. Außerdem diente er auf SMS Stephanie und SMS Kronprinz Rudolf.
Am 6. Juni 1911 kam er zur Unterseebootstation Pola. Noch im selben Jahr wurde er 2. Offizier auf S.M.U. 3, wo er von seinen Vorgesetzten mit Lob überhäuft wurde.

Doch Klasing interessierte sich zunehmend für die andere neue Waffengattung - den Fliegern.
  1913 nahm Klasing am 3. Fliegerkurs in Wiener Neustadt teil. Sein Fliegerdiplom erhielt er am 13. August 1913.
Im Oktober wurde er trotzdem Kommandant im Reservestab von S.M.U. 3 und 4.
Am 23. Oktober 1914 kam er erneut zur Seeflugstation Pola und ging dann weiter zur Station nach Kumbor (Bucht von Kotor).
Er nahm an zahlreichen Aufklärungs- und Kampfeinsätzen teil.
Höhepunkt seiner Karriere war sicherlich der Abschuss des Luftschiffes Cittá di Ferrara.
1916 wurde Linienschiffsleutnant Klasing Kommandant der Seeflugstation Pola.

Er wurde von seinen Vorgesetzten stets als begabt, ruhig und besonnen im Dienst und heiter nach dem Dienst beschrieben.
Laut seiner Qualifikationsliste sprach er neben deutsch auch italienisch, serbokroatisch, französisch und englisch.
 

das große dreimotorige Seeflugzeug G5 der OEFFAG hatte eine Besatzung von 4 Mann und erreichte 118km/h. Die Bewaffnung bestand aus einem Heck-MG, 800kg Bomben und einem 7cm Geschütz L20.
Am 6. November 1916 nahm er an einem Testflug mit dem neuen Großkampfflugzeug G5 teil.
Beim Ansetzen zur Landung geriet das Flugzeug außer Kontrolle, stürzte im Kanal von Fasana ab und brannte aus. Gustav Klasing kam dabei mit der gesamten Besatzung ums Leben.
Sein Begräbnis besuchten neben seinen Fliegerkameraden auch Großadmiral Anton Haus und der Hafenkommandant Admiral von Chmelarz (eine ausführliche Beschreibung dessen Karriere ist in Form eines The Modeller Typenblattes erschienen). Ein Seeflieger kreiste über den Friedhof und senkte sich zweimal zum Zeichen der Trauer.
Gustav Klasing wurde in Triest beerdigt.
das Wrack der G5 beim Haus
Fragiacomo im Kanal
von Fasana.
 
  FrgtLt. Johann Fritsch von Cronewald

Der Beobachter während des Einsatzes am
8. Juni 1915 war Fregattenleutnant Johann Fritsch von Cronewald.
Er wurde am 3.4.1895 in Salzburg geboren. Auch Fritsch kam durch einem Flugunfall ums Leben. Er stürzte am 22.4.1917 mit dem Seeflugzeug K204 bei einem Probeflug aus 800m Höhe bei Kap Laghi (Durazzo/Durres-Albanien) ab.

 
  das Seeflugzeug L48
 

L48 war ein Lohner-Seeflugzeug vom Typ 'T', der von der k.u.k. Kriegsmarine als Typ 'L' eingeführt wurde.
Der Typ T wurde 1914 von Karl Paulal, Ing. Leopold Bauer und einigen Marineingenieuren entwickelt.
Das Flugboot L48 stammte aus der 1. Reihe der Serie, die die Maschinen L42, L46, L47, L48 und L43 umfasste.
Es wurde am 19.01.1915 unter der Auftragnummer AE.097 bestellt und verließ am 20.05.1915 das Werk.
Bereits 4 Tage später stand das Flugzeug im Kampfeinsatz.

Am 5.09.1915 wurde L48 mit Wiktorin und Augustin an Bord bei der Rekognoszierung der Po-Mündung mehrmals von den Abwehrbatterien getroffen. Der Pilot musste in der Adria notlanden. L48 wurde von der Besatzung gesprengt. Wiktorin und Augustin wurden gefangengenommen.

  Technische Daten
Bezeichnung Lohner Seeflugzeug Typ T
Hersteller Aeroplan und Karosseriewerke Jakob Lohner & Co, Wien Floridsdorf
Besatzung 1 Pilot, 1 Beobachter
Abmessungen Länge: 10,85m / Spannweite: 16,20m /
Höhe: 3,50m
Triebwerk 1x 150 PS Hiero 6-Zylinder Reihenmotor mit Wasserkühlung. Starre 2-Blatt Holzluftschraube. 230kg Treibstoff.
Höchstgeschwindigkeit 105 km/h
Steigleistung 15 min auf 1.000m
Dienstgipfelhöhe 2.000 m
Reichweite 650 km / etwa 6,5 Stunden Flugdauer
Leergewicht 895 kg
Startgewicht 1.325 kg
Bewaffnung 1x 8mm Maschinengewehr
Kaufpreis 17.000 Kronen (1915)
Aus dem gleichen Baulos stammte L47. Hier am
18. April 1916 in Grado zu sehen. Am Vortag ging es
beschädigt vor Grado nieder.
Die Besatzung geriet in
Gefangenschaft.
Das Flugzeug wurde erbeutet
  Bereits am 27.5.1915 musste das Lohner-Flugboot L40 wegen Motorschades bei einem Angriff auf Venedig notwassern und wurde, bevor die Besatzung die Maschine sprengen konnte, unversehrt von den Italienern geborgen.
Die Firma Societa Anonmio Nieuport-Macchi baute kurz darauf die Seeflugzeuge unverändert nach. Nur die Motoren (Isotta-Franchini, 150PS) und Bewaffnung (6,5mm Revelli-MG von Fiat) unterschieden sich von den österreich-ungarischen Flugzeugen. Insgesamt 150 L1-Maschinen wurden gebaut. Die Serien L2 und L3 basierten auch auf diesem Typ.
 

  der erste Luftsieg über ein Luftschiff.



Mit der kleinen
Morane Parasol No. 3253
wurde der 160m lange
Gigant zur Strecke
gebracht.

Wie man aus der obigen Schilderung erkennen kann, war der Abschuss eines Luftschiffes damals ein schwieriges Unterfangen.
Der erste Luftsieg überhaupt gelang in der Nacht zum 7. Juni 1915 - nur etwa 24 Stunden zuvor!
Der Kanadier Sub-Lieutenant Reg. Warneford des Royal Naval Air Service bombardierte den deutschen Zeppelin LZ-37 mit Brandbomben, nachdem er seine gesamte Karabiner-Munition bereits verschossen hatte.

Eigentlich soll der 20jährige Kanadier eine Zeppelinanlage in Belgien bombardieren.
Das ist der erste Nachteinsatz des unerfahrenen Piloten.
Dafür hat er neben einen ausgeborgten belgischen Karabiner auch sechs 9kg Brandbomben mit. Er startet um Mitternacht und verliert kurz darauf den Kontakt zu seiner Einheit.
Noch vor seinem eigentlichen Ziel entdeckt er ein riesiges Luftschiff, das sofort aufsteigt und auf das kleine Flugzeug feuert.
Warneford folgt dem fast 160m langen LZ-37 zu dessen Zielort Gent (Belgien). Dort geht es tiefer und so gelingt es dem Piloten über das Luftschiff zu kommen. Er wirft alle seine Bomben ab und entzündet damit das Ungetüm.
Warneford erhielt für diesen psychologisch wichtigen Erfolg u.a. das Victoria Cross.
Nur 10 Tage nach diesem historischen Abschuss starb er bei einem Flugzeugabsturz nahe Paris.
 

"Das italienische Luftschiff
Città di Ferrara
wird auf der Rückfahrt nach Fiume am 8. Juli 1915 von österreichischen Marinefliegern vernichtet."

Rudolf A. Höger; 1915
Öl/Leinwand
50x38,5 cm
deutsches Heeresgeschichtliches Museum, Berlin DHM, Berlin Gm 94/4

   
In den Jahren 1914
bis 1918 wurden insgesamt fünf Luftschiffe von
k.u.k. Seefliegern abgeschossen.

 
Mit freundlicher Unterstützung von Oliver Trulei.
   
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