Französisches Rüstungspaket für Kairos Generäle
Rüstungsartikel im Wert von mehr als fünf Milliarden Euro sollen an Kairos Militärregierung gehen, darunter 24 "Rafale"-Jets. Präsident al-Sisi will einige davon bis Sommer haben, sie wären Frankreichs erster Rafale-Export.
14.02.2015 | 17:29 |
VON WOLFGANG GREBER (DiePresse.com)
Zwischen Frankreich und Ägypten steht ein größeres Waffengeschäft offenbar kurz vor dem Abschluss: Kairo wolle nach Angaben von Frankreichs Präsident Francois Hollande Militärgüter für mehr als fünf Milliarden Euro in Frankreich bestellen, darunter hochmoderne Kampfflugzeuge: "Die ägyptische Regierung hat mich gerade wissen lassen, dass sie 24 Rafale-Kampfflugzeuge, eine Fregatte und weitere Militärausrüstung kaufen will", teilte Hollande am Wochenende in einer Aussendung mit.
Der Vertrag werde am Montag von Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian in Kairo unterzeichnet. Ägypten, das sein an sich schon starkes Militär etwa wegen der Lage in Libyen weiter aufrüsten will, wäre damit vor allem der erste "handfeste" ausländische Käufer des Jagdbombers Rafale, der von der Firma Dassault Aviation seit 1997 in Serie gebaut wird und seither etwa über Libyen, Mali und aktuell gegen den "Islamischen Staat" (IS) in Syrien bzw. Nordirak im Einsatz war und ist.
Außerdem wolle Ägypten eine Fregatte der "FREMM"-Klasse (Frégate Multi-Mission) kaufen, ein franko-italienisches Koprodukt mit Schwerpunkt bei Luftabwehr. Ägypten hatte erst vor Tagen einen milliardenschweren Rüstungsauftrag an Russland vergeben.
Achtgrößte Luftwaffe der WeltÄgyptens Luftstreitkräfte zählen schon jetzt quantitativ zu den stärksten überhaupt: Laut "World Air Forces 2015" von Flightglobal umfassen sie rund 1100 Flugzeuge aller Art und liegen auf Rang 8 weltweit gleich nach Frankreich und vor der Türkei, aber noch weit vor den Luftwaffen etwa Deutschlands, Großbritanniens und Italiens. Auf den Rängen 1 bis 3 liegen wenig überraschend die USA (13.900 Maschinen), Russland (3430) und China (2860).

An Kampfflugzeugen im engeren Sinn verfügt Ägypten über 413 Stück und liegt diesbezüglich sogar auf Rang 6 hinter Nordkorea und vor Südkorea. Außer Russland (1439 Stück) ist übrigens kein anderes europäisches Land unter den Top-10 der Kampfflugzeugbetreiber. Der größere Teil der ägyptischen Luftmacht besteht aus modernen bis halbwegs modernen Jets wie der amerikanischen F-16 (mehr als 160 einsatzfähig) und französischen Mirage 2000 bzw. Mirage 5 (15 bzw. 76), man findet aber auch noch alte russische MiG-21 "Fishbed" (56) und deren chinesischen Nachbau Chengdu F-7 (60).
Ein ExportproblemjetSo gut die Rafale (bedeutet "Windböe") auch ist, mit Exporten hat sich Dassault bisher extrem schwer getan. Nach wie vor ist Frankreich der einzige Betreiber des Jets (117 aktiv, davon 27 bei der Flotte). Die ursprünglich beabsichtigte Anschaffung von fast 340 Stück wurde über die Jahre zusammengestrichen, zuletzt sollten es nur noch 228 insgesamt sein, auszuliefern bis 2025, aber die Zahlen sind im Fluß - zuletzt allerdings auch wieder nach oben, da die Regierung ob der Anschläge in Paris ("Charlie Hebdo) im Jänner betont hat, einige Rüstungskürzungen zu überdenken und zurückzunehmen.
Jedenfalls haben sich zeitweise diskutierte Verkäufe etwa nach Marokko, Brasilien, in die Schweiz und Singapur zerschlagen. Verhandlungen mit Kuwait, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten laufen seit Jahren im Kreis.
Indien wiederum ist seit Jahren ein besonders zweischneidiger Klotz am Bein der Franzosen: Zwar hatte sich die Rafale 2012 in einem internationalen Wettbewerb gegen andere Jet-Konkurrenten durchgesetzt (etwa Eurofighter Typhoon, F/A-18 Super Hornet von Boeing, MiG-35 von Mikoyan) und Indien wollte sagenhafte 126 Maschinen bestellen (siehe auch hier). Allerdings sollen 108 davon in Indien in Lizenz gefertigt werden, und wegen Fragen des Technologietransfers sowie der Haftung von Dassault für in Indien bei Hindustan Aeronautics Ltd. (HAL) gebaute Rafales verzögern sich die Endunterzeichnung des Vertrages und dessen Umsetzung.

Nun ist aber die Fertigungsstraße bei Dassault in Bordeaux seit langem wegen des mäßigen Baudrucks auf ein Minimum gesenkt worden: Wie Dassault-Vorstandschef Éric Trappier kürzlich sagte, baue man nur elf Maschinen pro Jahr, das sei das Minimum an Rentabilität. Es würde zwei bis drei Jahre Anlauf benötigen, um die Fertigung deutlich zu steigern, immerhin müssten zuvor auch etwa 500 Zulieferer für die Rafale ihrerseits aufs Gas steigen.
Das allein macht die Bedienung der absehbaren Exportkunden schon zu einer umständlichen Sache, zudem alle elf heuer (2015) zu bauenden Jets schon für Frankreich selbst eingeplant sind und bis 2019 noch einmal 26 folgen sollen. Schon jetzt ist daher absehbar, dass sich die Lieferung von 18 Rafales an Indien, die bis 2017/18 erfolgen sollte, verzögern wird. Manche Beobachter meinen gar, der gesamte Riesendeal könnte den Franzosen noch unter den Händen zerrinnen.
Der Feldmarschallpräsident will was herzeigenTrappier sagte ferner, dass Ägypten "seine" Rafales dennoch besonders schnell bekommen wolle - was aber eben vor 2018 kaum möglich sein wird, auch, um die Inder nicht weiter warten zu lassen. Allerdings würde, heißt es, die Militärregierung regelrecht darauf bestehen, dass schon in den nächsten Monaten um jeden Preis einige Rafales überstellt würden: Im August will Präsident Abdel Fattah el-Sisi nämlich den neu ausgebauten, erweiterten Suezkanal (realistischerweise einige Teile davon) einweihen, und der Feldmarschall in el-Sisi will es sehen, dass zu den Feiern Rafales über die Wüste donnern.
Also vernimmt man aus informierten Kreisen, dass man den Ägyptern einige Rafales aus aktiven französischen Beständen vorab liefern und die eigenen Lücken halt später mit Neubauten schließen werde. Eine Methode, die sich mit Indien so freilich nicht spielen wird.