Milizsoldaten © Bundesheer

ZUR ZUKUNFT DER MILIZ

by Doppeladler

Milizsoldaten des Österreichischen Bundesheeres © BundesheerMilizsoldaten des Österreichischen Bundesheeres © Bundesheer

Artikel 79. (1) Dem Bundesheer obliegt die militärische Landesverteidigung. Es ist nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten.“

So steht es im Österreichischen Bundes-Verfassungsgesetz, an dem sich aber gerade im Bereich Sicherheits- und Verteidigungspolitik noch keine Regierung wirklich orientiert hat. Tatsächlich ist das Heer heute nach einem Mischsystem eingerichtet, in der es auch noch ein „bisschen Miliz“ gibt. Die Miliz kam politisch erst im Zuge der Diskussion um ein Freiwilligenheer mit Milizkomponente und der Volksbefragung wieder etwas in Mode, weil sich damit im Einsatzfall hohe Mannstärken zu vergleichbar günstigen Kosten erzielen lassen.

Am 09. April 2015 stellte Verteidigungsminister Klug (SPÖ) seine Vorstellungen zur Zukunft der Miliz vor. Die grundsätzliche Ausrichtung wurde bereits im Rahmen des Strukturpakets ÖBH 2018 präsentiert, jetzt wurden erste Details verkündet. „Zusätzliche Milizkompanien, moderne Ausrüstung, ein zeitgemäßer Auftrag und ein neues Prämiensystem sind die Eckpunkte unserer Reform“, so Klug.

Der Schutz kritischer Infrastruktur rückt als Kernaufgabe der Miliz in den Vordergrund. „Kritische Infrastruktur wie Verkehrsknotenpunkte, Umspannwerke und Wasserversorgung sind die Lebensadern der Republik“, betonte Klug. Jede Kompanie wird in Zukunft zumindest ein zugeteiltes Schutzobjekt bekommen und direkt am Objekt üben, um bestmöglichst für den Ernstfall vorbereitet zu sein.

Miliz: Bürger in Uniform © BundesheerSchutz kritischer Infrastruktur als Grundauftrag © BundesheerKatastrophenhilfe war Thema der Milizübung "ANSER 2013" © Bundesheer

Weiters wird die Miliz personell gestärkt. Bis 2018 sollen etwa 5.000 Soldaten beordert und zwölf zusätzliche Jägerkompanien werden aufgestellt werden (Anmerkung: hier stimmt etwas nicht in der Kommunikation – das wären über 400 Mann pro Kompanie!). In einer zweiten und dritten Phase kommen nochmal insgesamt 28 Kompanien – also etwa 4.000 Mann – dazu.
Zusätzlich sollen laut Minister bis ins Jahr 2019 rd. 29 Millionen Euro in neue Ausrüstung fließen. Jeder Milizsoldat wird dann mit einem neuen Kampfanzug und einem modernen Kampfhelm ausgestattet sein. Jede Jägerkompanie wird ein Wärmebild- und jede Jägergruppe ein Nachtsichtgerät zur Verfügung haben (was extrem wenig ist). In einem zweiten Schritt werden ab 2020 weitere 48 Millionen Euro investiert, um weitere Verbesserungen bei der Ausrüstung vorzunehmen (kommt dann ein zweites Nachtsichtgerät pro 8 Mann?).

Die neuen Kompanien der Miliz © Bundesheer

Ein neues finanzielles Anreizsystem soll 2017 endgültig in Kraft treten. Dabei werde das bisherige Stufen-System für die freiwillige Meldung für Übungen vereinfacht: Unabhängig von der Verpflichtungsdauer gibt es ab 2016 eine einmalige Prämie von 601 Euro. Diese werden laut Klug auch Freiwillige für die Milizoffiziersausbildung erhalten, die bisher nicht berücksichtigt worden sind. Ab 2017 erhält ein Milizsoldat zusätzlich 1.111 Euro, wenn er die Unteroffiziersausbildung innerhalb eines Jahres absolviert hat. Bei einem Abschluss innerhalb von 18 Monaten noch 666 Euro.
Milizoffiziere erhielten bisher weder eine Prämie bei der freiwilligen Meldung für Übungen noch für den Abschluss der Grundausbildung – was sich nun ändern soll. Ab 2016 gibt es für die erfolgreiche Beendigung der Grundausbildung innerhalb von viereinhalb Jahren 666 Euro. Bei Abschluss innerhalb von dreieinhalb Jahren wird der Betrag auf 1.333 Euro erhöht. Dazu kommt die Prämie für die freiwillige Meldung für Übungen.
Das Gesamtvolumen der Prämien wird somit auf 1,5 Millionen Euro verdreifacht. In den Jahren 2015 und 2016 wird es eine Übergangsvariante geben, ab 2017 wird das neue Prämiensystem voll umgesetzt sein.

120 mm Granatwerfer des Jägerbataillons Kärnten © Bundesheer

Ob die Miliz tatsächlich wie ursprünglich im Strukturpaket vorgesehen einen großen Teil (alle?) ihrer Unterstützungswaffen – insbesondere Panzerabwehrlenkwaffen und Granatwerfer – abgeben muss wurde nicht angesprochen.

NEUER MILIZBEAUFTRAGTER

Als Milizbeauftragter wird Erwin Hameseder – Brigadier der Miliz sowie Obmann der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien – an der Umsetzung der anstehenden Reform mitwirken und den Verteidigungsminister in Milizangelegenheiten beraten. Hameseder folgt Brigadier Heinz Hufler, dem Militärkommandanten von Salzburg nach, der die Funktion zuvor innehatte. Seit 2013 war diese Stelle gar nicht besetzt.
In ersten Reaktionen bezweifelten FPÖ und Milizverbands-Präsident Michael Schaffer, dass ein viel beschäftigter Banken-Manager für diese Aufgabe die richtige Wahl ist. Schaffer kritisiert auch die fehlende Einbindung des Milizverbandes in die Reform.

PK vom 09.04.2015. V.l.n.r.: Generalleutnant Schmidseder, Verteidigungsminister Klug und Brigadier Hameseder © BundesheerPK vom 09.04.2015. V.l.n.r.: Generalleutnant Schmidseder, Verteidigungsminister Klug und Brigadier Hameseder © Bundesheer

PILOTPROJEKT FREIWILLIGENMILIZ LÄUFT AUS

Im September 2011 wurde von Verteidigungsminister Darabos (SPÖ) das Projekt „Freiwilligenmiliz“ (auch „Profimiliz“) mit dem Ziel gestartet, Erfahrungen für die Professionalisierung der Streitkräfte im Bereich der Miliz zu gewinnen. Es war eines der Prestigeprojekte des Ministers, der damit sein Modell des Berufsheeres mit Milizkomponente propagierte. Das Pilotprojekt sah die Aufstellung von zwei Pionierkompanien (etwa 115 Mann pro Kompanie) in den Bundesländer Niederösterreich und Salzburg vor. Die Milizsoldaten erhalten eine Jahresprämie von 5.000 Euro und erklären sich im Gegenzug bereit, pro Jahr zwei Wochen für Übungen und auch für etwaige Einsätze im Inland zur Verfügung zu stehen.

Der Rechnungshof kritisierte das Pilotprojekt in seinem Bericht „Bund 2014/3 – Pilotprojekt Freiwilligenmiliz“. Die Personalkosten betrugen 4,4 Mio. EUR bei den beiden Pionierkompanien des Bundesheeres, die drei Jahre lang das Pilotprojekt durchführten. Auf Basis der Berechnungen des RH betrugen die jährlichen Personalausgaben  für  einen  Milizsoldaten  der  Freiwilligenmiliz  im Durchschnitt rd. 6.386 EUR. Der Aufwand war daher 17–mal höher als bei vergleichbaren Einheiten der herkömmlichen Miliz. Wegen seiner Einschränkung auf Pionierkompanien ließ das Pilotprojekt nur eingeschränkte Erkenntnisse über Rekrutierungsmöglichkeiten von Milizsoldaten im Rahmen eines Freiwilligenheeres zu, stellte der Rechnungshof fest.
Für Werbemaßnahmen entstanden Ausgaben in Höhe von rd. 429.000 EUR. Dennoch konnten von den vorgesehenen 230 Stellen (254 inkl. Personalreserve) nur 190 besetzt werden. Der Rechnungshof kritisierte auch die nicht ausreichenden rechtlichen Grundlagen zur Einberufung (Fernbleiben vom Arbeitsplatz) und Auszahlung der.

Verteidigungsminister Gerald Klug teilte in der Sitzung des Rechnungshofausschusses vom 08.04.2015 mit, dass mit dem Projekt keine volle Einsatzbereitschaft bei den beiden dafür vorgesehenen Pionierkompanien erreicht werden konnten. Das Projekt laufe Ende 2015 aus und werde nicht fortgesetzt. Da sich gezeigt habe, dass Prämienanreize kein Allheilmittel bei der Anwerbung hochqualifizierten Personals darstellten, sehe das Reformkonzept „Bundesheer 2018“ für die Pioniere bessere Ausrüstung, klarere regionalere Bezüge und Aufgabenzuordnungen sowie eine engere Verschränkung mit der Präsenzorganisation vor. Die Miliz bleibe integraler Bestandteil des Bundesheeres, versicherte Gerald Klug.

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