Radpanzer Pandur A1 am Waldviertler Truppenübungsplatz Allentsteig © Strobl

EURAD 10 – SCHUTZ UND HILFE FÜR MAINLAND

by Doppeladler

Die „European Advance 2010“ (EURAD 10) war die größte Bundesheerübung des Jahres 2010. Rund 6.700 Soldaten aus neun Nationen trainierten vom 13. bis 24. September 2010 Einsätze im Rahmen des internationalen Krisenmanagements sowie die Katastrophenhilfe. Geübt wurde vor allem am Truppenübungsplatz Allentsteig und am ABC-Abwehr und Katastrophenhilfeübungsplatz „Tritolwerk“ im Bezirk Wiener Neustadt. Für DOPPELADLER.COM waren Erich Strobl und Robert C. Tögel dabei.

TEILNEHMER AUS GANZ EUROPA

Aus Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Montenegro, Schweiz, Serbien und Slowenien nahmen insgesamt 480 Soldaten an der EURAD 10 teil. Gemeinsame Übungen serbischer, montenegrinischer und slowenischer Soldaten sind nach den Balkan-Konflikten immer noch eine gern gesehene Besonderheit. Die Schweiz beschränkte sich auf Übungseinheiten zur Katastrophenhilfe, um nicht in Konflikt mit dem Schweizer Neutralitätsgesetz zu geraten. Aufgrund der internationalen Zusammensetzung der Task Force war die Übungssprache englisch.

Etwa 780 Rekruten und 780 Milizsoldaten des Bundesheeres ergänzten die präsenten Kräfte in der Stärke von 5.350 Mann/Frau. Zusätzlich nahmen 86 Studenten der Politikwissenschaft und der Zeitgeschichte (Salzburg) sowie Absolventen des Lehrgangs „Master of Arts Program in Peace, Development, Security and International Conflict Transformation“ (Innsbruck) teil. Sie wurden als UN Fact Finding Mission, als eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen eingesetzt. In die komplexen Übungsszenarien waren auch Blaulichtorganisationen und die Firma Diamond-Sensing Aircraft aus Wr. Neustadt eingebunden. Insgesamt kamen etwa 1.500 Räder-, 90 Ketten- und 50 Luftfahrzeuge im Einsatz.

Hubschrauber stellen die Beweglichkeit der MFOR sicher. Alle Typen des Bundesheeres waren im Einsatz © Doppeladler.com
Hubschrauber stellen die Beweglichkeit der MFOR sicher. Alle Typen des Bundesheeres waren im Einsatz.
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ÜBUNGSSZENARIO „ALL-INCLUSIVE“

Die „European Advance 2010“ ist als Großübung so angelegt, dass möglichst viele Aufgaben, die in einem zeitgemäßen Konflikt bewältigt werden müssen, untergebracht werden. In ein einzelnes Übungsszenario wurden friedensschaffende und friedenssichernde Elemente ebenso integriert wie Aufgaben zum Katastrophenschutz sowie zur Luftraumüberwachung und –sicherung. Das soll Kosten für den Übungsbetrieb sparen.

Im Dezember 2009 wird nach ethnischen Unruhen der Norden von Mainland durch die Streitkräfte des Nachbarstaats Redland widerrechtlich in Besitz genommen. Die UNO verurteilt das Vorgehen von Redland scharf. Die EU beschließt neben politischen Reaktionen auch eine mit UN Mandat ausgestattete multinationale Streitkräfte zur Krisenbewältigung nach Mainland zu entsenden. Ein Abkommen sollte gewährleisten, dass mit Eintreffen der Schutztruppe der Abzug der Redland-Streitkräfte beginnen soll, doch Teile der Redland-Streitkräfte leisten Widerstand. Gleichzeitig versuchen radikale Gruppierungen, wie die „Forest District Liberation Army“ oder die „Sapphirian Our Homeland Party Armed Wing“ an Einfluss zu gewinnen. Neben den eigentlichen Konfliktparteien beschäftigen Flüchtlinge und pro Tag bis zu 60 ungewöhnliche Vorfälle bzw. Unfälle die Friedenstruppen.

Links: Dekontaminationsstraße am TÜPL Tritolwerk. Rechts: ABC Truppenentgiftungsplatz 90 (TEP 90) der Deutschen Bundeswehr von Kärcher Futuretech auf einem Iveco Trakker 450 mit geschütztem Fahrerhaus. Durch die auf dem Ladekran montierte Arbeitsplattform ist eine Dekontamination von oben leicht durchzuführen.

Doch auch der Süden von Mainland benötigt dringend Hilfe der Staatengemeinschaft. Ein Erdbeben verwüstet ganze Landstriche und sorgt für zahlreiche ernste Situationen in Atomkraftwerken, Chemie- und Munitionsfabriken. Auch die terroristische Bedrohung ist hier ernst zu nehmen. Es kommt zu Autobomben- und Selbstmord-Anschlägen und ein Bio-Waffen Labor kann gerade noch rechtzeitig entdeckt werden.

Neben modernster Simulationstechnik – hier kann das Bundesheer tatsächlich mit High-Tech punkten – behielten 87 Schiedsrichter die Übungsteilnehmer ständig im Auge und bewerteten den Einsatzerfolg.

Das Geschehen am Boden wird von mit moderner Sensortechnik ausgerüsteten DA-42 Guardian überwacht. Die Daten werden in Echtzeit an den Gefechtsstand übermittelt und in das Lagebild eingebracht. Im Überwachungsmodus kann das Flugzeug bis zu 12,5 Stunden eingesetzt werden. © Strobl

CSI BUNDESHEER

Bei der EURAD 10 wurden viele Neuerungen getestet. Die 2. Kompanie des Panzerbataillons 14 aus Wels bildete ein sogenanntes „Quick Investigation Team“ (QIT, ein schnelles Untersuchungs-Team), das an Tatorten Spuren und Beweise sichert – etwa im Falle von Kriegsverbrechen oder Gräueltaten. Dieser Spezialistenpool setzt sich aus folgenden Elementen zusammen: Eine Tatortgruppe der Militärpolizei, Sprengstoff- und Waffenexperten (EOD-Teams mit Hunden und EOD Robotern), ein „Combat-Camera“-Filmteam zur Dokumentation, Rechtsberater, Ärzte und Psychologen sowie Dolmetscher. Zwei Sicherungszüge sorgen dafür, dass das QIT ungestört arbeiten kann. Das Sicherungselement ist auch für das Bewachen von Gefangenen, Verkehrsregelung oder Errichten von Gefechtsständen verantwortlich.

Kampfpanzer Leopard 2A4. Hoher Schutz, hohe Feuerkraft, hohe Beweglichkeit kommen nicht aus der Mode. Kampfpanzer sind auch in asymmetrischen Konflikten eine wesentliche Stütze von Militäreinsätzen. © Strobl

„BITTE NICHT ANFASSEN“

Geübt wurde auch die Zusammenarbeit mit beim Bundesheer „nicht verfügbaren Systemen“ (Wortlaut einer Aussendung des BMLVS), wie etwa Drohnen oder Systemen zur elektronischen Kriegsführung. Beides Elemente, die in modernen Konflikten nicht mehr wegzudenken sind. Bei der EURAD 10 konnte man die Systeme zumindest einmal aus der Nähe betrachten. Bei den eingesetzten Nahbereichs-UAV (Unmanned Aerial Vehicle) handelte es sich um EADS Tracker / DRAC des französischen und Alpi Aviation STRIX des italienischen Kontingents. Auch zwei Flugzeuge vom österreichischen Typ Diamond Aircraft DA-42 Guardian der Firma Diamond-Sensing Aircraft kamen zum Einsatz. Die Guardians wurden mit Ihrer Sensortechnik für Luftaufklärung und ABC-Spürflüge eingesetzt. Die Aufklärungs- und Messergebnisse wurden in Echtzeit an die Einsatzleitung übermittelt.

Französisches Nahbereichs-UAV Tracker / DRAC von EADS. © Doppeladler.com
Die Bilder der französischen Drohne werden in Echtzeit auf das Toughbook und dann weiter an den Gefechtsstand übertragen. © Doppeladler.com

SCHLUSSWORT

Die EURAD 10 stellte eine weitere erfolgreich durchgeführte österreichische Großübung mit internationaler Beteiligung dar. Im Rahmen dieser Übungen beweist das Bundesheer immer wieder hohe fachliche Kompetenz und findet Anerkennung der ausländischen Soldaten.
Allerdings deckte die EURAD 10 auch die sich verschärfenden Mängel an Ressourcen auf. Für eine Übung wie diese müssen bereits das ganze Jahr über die begrenzten Überstunden, Flugstunden und Panzer-Kilometer zusammengekratzt werden, um den Übungsplatz einmal nach Dienstschluss überqueren zu können. Man steht kurz davor die Fähigkeit zu anspruchsvollen Übungen und in der Folge auch für fordernde Einsätze zu verlieren. Denn ein Heer das nicht übt, kann auch nicht Schutz und Hilfe leisten. Das wäre bitter für Österreich, bitter für Mainland.

Titelbild: Radpanzer Pandur A1 am Waldviertler Truppenübungsplatz Allentsteig © Strobl

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