VBMR Griffon und EBRC Jaguar © EMBR Konsortium

GRIFFON UND JAGUAR

by Doppeladler

VBMR Griffon und EBRC Jaguar © EMBR KonsortiumVBMR Griffon und EBRC Jaguar © EMBR Konsortium

Die französischen Landstreitkräfte (Armée de Terre) sollen durch das ehrgeizige Scorpion-Programm umfassend modernisiert werden. Alle gepanzerten Fahrzeuge sollen entweder durch einen modernen Nachfolger ersetzt oder kampfwertgesteigert werden und in Zukunft einen einheitlichen C4ISR Standard verwenden (C4ISR – Command, Control, Communications, Computers, Intelligence, Surveillance and Reconnaissance).

Größter Teil des Programms ist EMBR Scorpion zur Einführung einer neue Generation von gepanzerten Mehrzweckfahrzeugen („Engin Blindé Multi-Rôles“). Da Frankreich über umfangreiche Einsatzerfahrungen verfügt ist ein Blick auf aktuelle Fahrzeugentwicklungen der Grande Nation besonders aufschlußreich.

Am 5. Dezember 2014 wurde bekannt gegeben, dass ein Konsortium bestehend aus den französischen Rüstungsunternehmen Nexter Systems, Renault Trucks Defense (RTD) und Thales den mit 752 Mio. EUR dotierten Entwicklungsauftrag erhielt. Das gepanzerte Mehrzweckfahrzeug VBMR Griffon und der Panzerspähwagen EBRC Jaguar sollen die VAB-Familie sowie die Aufklärungspanzer AMX10RC und ERC90 ersetzen, welche in den letzten 30 Jahren an jedem Konfliktschauplatz eingesetzt waren. Ab dem Jahr 2018 sollen 1.722 VBMR Griffons und 248 EBRC Jaguars eingeführt werden. In Summe werden in den nächsten 10 Jahren voraussichtlich 5 Mrd. EUR in die Entwicklung, Herstellung und in Wartung/Betrieb der beiden Fahrzeugtypen investiert.

Die Vorteile der gemeinsamen Entwicklung beider Typen liegen auf der Hand: Soweit möglich sollen gleiche Bauteile verwendet werden. Das ermöglicht günstigere Kosten und erleichtert die Logistik im Einsatz. Die einheitliche elektronische Systemarchitektur und das gemeinsame C4ISR System SICS V1 erleichtern zudem den Informationsaustausch. Bei beiden Fahrzeugen wird die hinterste Achse mitlenken. Beide erhalten On-Board-Simulatoren für Trainingszwecke.

VBMR GRIFFON

VBMR steht für „Véhicule Blindé Multirôle“ – gepanzertes Mehrzweckfahrzeug. Der Griffon entspricht einem klassischen 6×6 MRAP (Mine Resistant Ambush Protected-Vehicle). Er soll das bewährte VAB (Véhicule de l’avant blindé) ersetzen, von dem derzeit etwa 3.000 Fahrzeuge vorhanden sind. Der Griffon ist deutlich größer – er weist in etwa das doppelte Innenraumvolumen auf – und ist erheblich besser geschützt. Dadurch steigt das Gefechtsgewicht von 14 t (VAB 4×4) auf 22 t (Griffon 6×6).

VBMR Griffon © EMBR KonsortiumVBMR Griffon © EMBR KonsortiumDer Griffon ersetzt den Transportpanzer VAB 4x4 © AFPVAB 4x4 © Armée de TerreDer Technologiedemonstrator BMX01 soll bereits zu 80% ein Griffon sein © RTDBMX01 auf der Rüstungsmesse Eurosatory 2014 © RTD

Technische Daten:

Triebwerk: Volvo/RTD, 8 Liter, 400 PS
Gefechtsgewicht: 22 t (Aufwuchs auf 25 t möglich)
Besatzung: 2+8
Bewaffnung: fernbedienbare Waffenstation für 7,62 mm oder 12,7 mm Maschinengewehr bzw. 40 mm Granatmaschinengewehr
Schutz: STANAG 4569 Level IV (ballistisch: panzerbrechende 14,5×114 mm Geschosse, Minenschutz: 10 kg TNT unter einem Rad)
Sechs Varianten: Mannschaftstransportpanzer (Besatzung: 2; Passagiere: 8); Artilleriebeobachtungspanzer (Tag-Nacht-Sicht und Laserzielmarkierer auf Teleskopmast sowie GO12 Radar – alles von Thales); Kommandofahrzeug; MEDEVAC Fahrzeug; Logistikfahrzeug; Reparaturfahrzeug. Vom Mannschaftstransportpanzer soll es Spezialversionen zum Transport eines Panzerabwehrtrupps, eines Mörsertrupps und eines Pioniertrupps geben.


Vorstellung VBMR Griffon © armyrecognition.com

Zum Vergleich: österreichischer ATF Dingo 2 etwa 12 t Gefechtsgewicht und Stanag Level III; tschechischer KBVP PANDUR II 8×8 CZ etwa 20,8 t und Stanag Level IIIa gegen Minen und ballistischen Schutz auf Level IV.

Zur Risikominimierung für den Griffon hat RTD den Technologiedemonstrator BMX01 entwickelt, der auf der Eurosatory 2014 vorgestellt wurde. Er soll technisch bereits zu etwa 80% identisch mit dem Griffon sein.

Eine Griffon Light 4×4 Variante in der 10 t- Klasse soll ab 2021 die PVP und VBL ersetzen. 358 Stück sind derzeit im Gespräch.

EBRC JAGUAR

EBRC  steht für „Engin Blindé Reconnaissance et de Combat“ – Panzerfahrzeug für Aufklärung und Kampf. Der Jaguar ist der Nachfolger der Typen AMX10RC (256 Stk.), ERC90 Sagaie (152 Stk.) und VAB Hot Mephisto (30 Stk.) – Panzerfahrzeuge aus den 1970er und 1980er Jahren. Der AMX10RC ist ein Späh- und Jagdpanzer mit 105 mm Kanone und einem Gefechtsgewicht von 14,5t. Der ERC90 Sagaie ist mit einer 90 mm Kanone bewaffnet und 8,3 t schwer . Der Jaguar bringt 22,5 t auf die Waage und ist mit einer 40 mm Kanone bewaffnet – auf den ersten Blick kein guter Deal.

Der Jaguar hat eine 3köpfige Besatzung: Der Fahrer sitzt mittig vor dem Turm. Der Kommandant links und der Schütze rechts im eigens für das Fahrzeug entwickelten 2-Mann T40 Turm von Nexter.

Hauptbewaffnung ist das 40 mm CTAS – Cased Telescoped Armament System von CTA International, einem Joint Venture zwischen Nexter und BAE Systems (auch CTWS – Cased Telescoped Weapon System). Die Waffe verschießt zylinderförmige Teleskoppatronen. Eine 255 × 65 mm große Metallhülse umschließt dabei das von der Treibladung umgebene Projektil vollständig. Beim Abfeuern tritt das Geschoss teleskopartig aus der Treibladung aus. Diese kompakte Bauweise spart Platz und Gewicht. Die Vernichtungsleistung liegt deutlich über vergleichbaren Geschützen. Das Pfeilgeschoss APFSDS-T soll auf kurze Distanz 175 mm Panzerstahl (RHA) durchschlagen und kann damit selbst Kampfpanzer aus der Generation des T-55 bekämpfen. Auf 3 km Entfernung sind es immerhin noch 125 mm RHA. Die Mehrzweck-Granate GPR kann beim Einschlag- oder mit programmierbarer Luftzündung (Airburst) detonieren. Die Feuerrate beträgt bis zu 200 Schuss pro Minute. Kein Wunder, dass auch die britische Royal Army diese Waffe mit dem ASCOD SV einführt.

Zwei Panzerabwehrlenkwaffen MMP (Missile moyenne portée) mit 4.000 m Reichweite sind in gepanzerten Containern im Turm untergebracht und klappen vor dem Abfeuern nach oben. Die MMP ist der von MBDA entwickelte Nachfolger der MILAN mit IR-Suchkopf (fire-and-forget). Die Lenkwaffe kann allerdings auch über Fiberoptikkabel ins Ziel gelenkt werden.

Auf dem Turmdach befindet sich auch eine unabhängig vom Turm fernbedienbaren Waffenstation mit einem 7,62 mm MG.
Die elektro-optische Ausstattung für den T40 Turm wird von Sagem Defense zugeliefert.

EBRC Jaguar © EMBR KonsortiumEBRC Jaguar © Armée de TerreEBRC Jaguar © Armée de Terre40 mm CTAS – Cased Telescoped Armament System. Beachte die kompakte Bauweise der Waffe und die zylindrische Munition © CTA InternationalAMX10RC mit dem Prototyp des T40 Turms von Nexter © Nexter SystemsDer AMX10RC sorgt in Mali für Feuerschutz © AFPDer ERC90 Sagaie ist mit der C160 Transall luftverlastbar © Armée de TerreVAB HOT Mephisto © Armée de TerreUnterlegener Entwurf: Panhard Sphinx 6x6 © Panhard

Technische Daten:

Triebwerk: Volvo/RTD 11 Liter, 490 PS
Gefechtsgewicht: 22,5 t (Aufwuchs auf 24 t möglich)
Besatzung: 3
Bewaffnung: 1x 40 mm Maschinenkanone (CTA), 2x MMP Panzerabwehrlenkwaffen von MBDA, 1x 7,62 mm MG Waffenstation
Schutz: STANAG 4569 Level IV (ballistisch: panzerbrechende 14,5×114 mm Geschosse, Minenschutz: 10 kg TNT unter einem Rad)
Sonstiges: fast 1.5m³ nicht verbrauchter Innenraum für künftige Nutzungen; Stückkosten von 7 bis 8 Mio. EUR erwartet.


Vorstellung EBRC Jaguar © armyrecognition.com

Dem EMBR Entwicklungsauftrag war eine etwa 10jährige und rund 200 Mio. EUR teure Phase für Vorstudien vorausgegangen.

Nexter ist Lead Partner des EMBR Konsortiums (46%). Neben der Gesamtverantwortung ist das Unternehmen für Chassis und Karosserie, ballistischen Schutz, Innenraumdesign und dem Turm für den Jaguar zuständig. RTD konstruiert Fahrwerk, Getriebe und Triebwerk (37%). Thales liefert Bordelektronik (Vetronics) sowie die Kommunikations- und Selbstschutzsysteme zu (17%).
In Übersee-Operationen sind durch die Industrie eine Verfügbarkeit von 80% bis 95% sicherzustellen (zum Vergleich: ERC90 Sagaie bereits unter 50%). Bei geringeren Werten werden Strafzahlungen fällig.

Im Jahr 2021 soll die erste mit Griffons ausgestattete Einheit einsatzbereit sein. Ab 2023 soll dann der Jaguar anstelle des AMX10RC bzw. des weiterentwickelten AMX10RCR Feuerschutz leisten.

Teil des Scorpion-Programms ist auch die Modernisierung von 200 Leclerc Kampfpanzern mit neuer elektronischer Architektur und eingebetteten Simulatoren. Die Nutzungsdauer soll bis 2040 verlängert werden. Der Schützenpanzer AMX10P wird zur Gänze durch den 8×8 Radpanzer VBCI abgelöst. Dann sind die Leclerc und die Hägglunds die einzigen Kettenfahrzeuge der Armée de Terre.

Weiterführende Links:

Ähnliche Beiträge